URI: 
       # taz.de -- Emissionshandel in Europa: FDP-Abwahl fördert Klimaschutz
       
       > Die EU reformiert nach langem Streit den Emissionahandel. Der CO2-Ausstoß
       > wird für die Verursacher jetzt teurer, der Strompreis wird deshalb nicht
       > steigen.
       
   IMG Bild: Qualmen wird teurer: Vattenfall-Braunkohlekraftwerk Jänschwalde.
       
       BERLIN taz | In der Klimapolitik hat die Abwahl der FDP erste Folgen. Am
       Freitag billigten Vertreter der 28 EU-Länder eine Reform, die den Ausstoß
       von CO2 verteuern soll. EU-Kommission und EU-Parlament hatten den Plänen
       bereits zugestimmt. Das Votum der Mitgliedsländer scheiterte bisher an der
       deutschen Bundesregierung, in der sich die FDP gegen das Vorhaben gesträubt
       hatte.
       
       In dieser Woche hatten sich die potenziellen Koalitionäre aus CDU und SPD
       bereits darauf geeinigt, die Blockade zu beenden. Bundesumweltminister
       Peter Altmaier (CDU) war erleichtert: Am Montag beginnt die
       Weltklimakonferenz, auf der die UN-Staaten die Voraussetzungen für ein
       globales Klimaschutzabkommen ab 2020 schaffen wollen.
       
       Die Entscheidung in Brüssel sei „das Signal, dass es uns ernst ist mit dem
       Klimaschutz“, sagte Altmaier. EU-Klimakommissarin Connie Hedegaard
       twitterte: „Der gesunde Menschenverstand hat gesiegt.“
       
       Die Reform betrifft den Emissionshandel (ETS) in der EU. Die Industrie muss
       dabei für jede Tonne CO2, die sie ausstößt, ein Verschmutzungsrecht
       vorlegen; diese Rechte werden ähnlich gehandelt wie Aktien. Wer für wenig
       Geld Klimaschutz betreiben kann, spart sich Zertifikate und refinanziert
       die Maßnahmen durch den Verkauf der Verschmutzungsrechte an andere Firmen.
       So wird Klimaschutz automatisch dort betrieben, wo es am günstigsten ist,
       so die Idee.
       
       ## 900 Millionen Zertifikate
       
       Weil aufgrund der langen Wirtschaftskrise in Europa der Energieverbrauch
       sinkt und somit weniger CO2-Zertifikate verbraucht werden, ist ihr Kurs so
       tief gesunken, dass sie ihre Wirkung verloren haben. Mit der Reform werden
       nun 900 Millionen Zertifikate erst am Ende des Jahrzehnts auf den Markt
       geworfen.
       
       An der Börse verpuffte die Wirkung des Brüsseler Reform-Jas – der Kurs für
       CO2-Rechte stieg am Freitag an der Leipziger Strombörse nur leicht um 5
       Cent auf 4,78 Euro pro Tonne. Überraschend ist das nicht, nach einer
       Analyse des Zentrums für Sonnenenergie- und Wasserstoff-Forschung
       Baden-Württemberg könnte die Reform CO2-Preise um maximal sieben Euro pro
       Tonne allmählich erhöhen. Ursprünglich hatte die EU-Kommission mit einem
       Preis von 30 Euro pro Tonne CO2 geplant, um Europas Industrie auf
       Klimaschutzkurs zu bringen.
       
       Grundsätzlich wird durch die Reform besonders Strom aus Braunkohle teurer,
       weil die Kraftwerke viele Klimagase ausstoßen. Effizientere Gaskraftwerke
       trifft es in geringerem Ausmaß, sie werden also konkurrenzfähiger. Dass
       private Haushalte mehr zahlen müssen ist sehr unwahrscheinlich - zwar
       steigt vermutlich der Börsenstrompreis, wodurch aber die EEG-Umlage sinkt,
       die jeder mit der Stromrechnung entrichtet.
       
       Auch Teile der Wirtschaft standen hinter der Maßnahme. „Wichtig“ nannte der
       Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft die Reform. Nun steht der
       EU eine größere Reform des ETS ins Haus, um künftig Preisstürze für den
       CO2-Ausstoß zu verhindern. Zudem werden derzeit neue Klimaschutzziele für
       2030 ausgehandelt.
       
       Derzeit erfasst der ETS nur 40 Prozent der in der EU ausgestoßenen
       Treihausgase, Sektoren wie die Landwirtschaft fehlen komplett.
       Emissionshandels-Systeme werden in immer mehr Ländern eingeführt, unter
       anderem in einigen chinesischen Provinzen und US-Bundesstaaten. (mit dpa)
       
       8 Nov 2013
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Ingo Arzt
       
       ## TAGS
       
   DIR CO2
   DIR Emissionen
   DIR Emissionshandel
   DIR Barbara Hendricks
   DIR Braunkohle
   DIR Koalitionsverhandlungen
   DIR Finanzen
   DIR Schwerpunkt Klimawandel
   DIR Lobbyarbeit
   DIR Emissionshandel
   DIR CO2
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR Energiepolitik in Europa: Hart durchgreifen für frische Luft
       
       Bundesumweltministerin Barbara Hendricks kritisiert den Emissionshandel als
       Geldschieberei. Sie fordert gravierende Änderungen für den europäischen
       Bereich.
       
   DIR Braunkohle in Brandenburg: Gebräuntes Grundwasser
       
       Brandenburg und die Bundesregierung setzen auf Braunkohle. Greenpeace warnt
       nun vor Umweltgefahren, wie sie im Spreewald schon zu sehen sind.
       
   DIR EEG in den Koalitionsverhandlungen: Merkel warnt vor Kostenexplosion
       
       Es ist eines der ersten großen Projekte der neuen Regierung, sagt Merkel:
       die Reform des Erneuerbare-Energien-Gesetzes. Doch sie warnt vor zu hohen
       Kosten.
       
   DIR Themen der Koalitionsgesprächsrunde: Das liebe Geld
       
       Die Union hat viel versprochen im Wahlkampf, nun muss es finanziert werden.
       Mit der SPD gibt es da ein paar Differenzen. Der Stand der Verhandlungen.
       
   DIR Zu viel CO2: UNO fordert Vollbremsung fürs Klima
       
       Laut einer neuer Studie stößt die Welt 2020 etwa 59 Milliarden Tonnen CO2
       aus. Um Klimarisiken zu vermeiden, sind aber 44 Milliarden das Limit.
       
   DIR SPD als Sprachrohr der Energielobby: Koalition auf CO2
       
       Die Kohle-Konzerne suchen nach neuen Verbündeten in der kommenden
       Bundesregierung. Frau Kraft übernimmt, ihre SPD-Umweltleute murren.
       
   DIR Kein Emissionshandel im Ausland: Beim Klima hört die EU auf China
       
       Airlines müssen für Flugreisen von Europa auf andere Kontinente nicht mehr
       Verschmutzungsrechte für ganze Strecke zahlen. Die EU ist eingeknickt.
       
   DIR Debatte Umwelt: Mehr Ordnungsrecht, bitte!
       
       Deutsche Autofahrer haben sich von den Spritschluckern nicht verabschiedet.
       Warum soll die Zeit nicht reif sein für Tempolimits und strenge Regeln?