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       # taz.de -- Kolumne Generation Camper: Landschaft fressende Ferienhäuser
       
       > Leerstehende Sommerhäuser zu besetzen, ging in den 70ern in Ordnung.
       > Immer noch bleiben viele Ferienhäuser die meiste Zeit unbenutzt.
       
   IMG Bild: Ferienhaussiedlung: die meiste Zeit stehen die Häuser leer.
       
       Kennen Sie Werner Herzog? Kennen Sie sein Buch „Vom Gehen im Eis“ über
       seinen Fußmarsch von München nach Paris Ende 1974? Oder dieses abgefahrene
       Interview mit ihm von 1978, in dem er seine Einbrüche in Ferienhäuser und
       Campingtrailer schildert? Auf YouTube ist es noch zu sehen. Als wäre es das
       Normalste auf der Welt, betreibt Herzog auf seinen langen Wanderungen eine
       Art Vergesellschaftung von Wohnungseigentum.
       
       Ganz ernsthaft spricht er in diesem Interview von der „Obszönität“ der
       Verhältnisse massenhaft leer stehender Sommerhäuser, etwa in der Bretagne,
       wo schätzungsweise nur 10 von 300 oder 400 Häusern wirklich bewohnt und die
       meisten nur einen Monat im Jahr genutzt würden.
       
       Da nimmt er sich ein Recht auf Übernachtung heraus, holt Wein aus dem
       Keller, löst angefangene Kreuzworträtsel und lässt manchmal einen Gruß
       zurück.
       
       Man glaubt’s kaum. Aber der Zeitgeist stand ihm zur Seite, Hausbesetzungen
       waren nicht ungewöhnlich. „Landschaftsfresser“ war der griffige Titel einer
       heftigen Kritik an dem Zweit- und Ferienwohnungsbau, mit der der Schweizer
       Touristikprofessor Jost Krippendorf 1975 die bis dahin glückselig
       expandierende Tourismusindustrie aufschreckte. Der aggressive Ton, die
       drastischen Metaphern, mit denen Krippendorf den Tourismus als militärische
       Mobilmachung beschrieb (er sprach von Touristenheeren, die Landschaft
       erobern, von einer Taktik verbrannter Erde usw.) läuteten die Ökokritik im
       Tourismus ein.
       
       Natürlich hat sich danach nichts wirklich geändert. Immer noch wird
       expandiert, Landschaft geht unter Beton, Asphalt, Häusern verloren.
       
       Die Versiegelung Deutschlands beträgt zurzeit 90 Hektar – etwa 120
       Fußballfelder – täglich. Werner Herzog ist jetzt 71 Jahre alt und kann ein
       beeindruckendes Lebenswerk vorweisen.
       
       Der Zeit erzählte er jüngst von seinen „Lebens-Konstanten“. Das sind
       erstens: zu Fuß unterwegs sein und zweitens: Kino. Die Einbrüche hat er
       wohl eingestellt. Manchmal sehne ich mich nach den Siebzigern zurück.
       
       10 Nov 2013
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Christel Burghoff
       
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