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       # taz.de -- Geplantes Prostitutionsgesetz: Unantastbare Menschenwürde
       
       > Die große Koalition will Prostitution in die Schmuddelecke zurückdrängen.
       > Damit geht sie von der Unmündigkeit der Einzelnen aus.
       
   IMG Bild: Ein Schild in Zürich weist den Weg zum Strich.
       
       Mehr Hilfen für Zwangsprostituierte und eigenständiges Aufenthaltsrecht für
       Betroffene: Manches von dem, was in den Koalitionsverhandlungen erörtert
       wird, gebietet schon allein die Achtung vor der Menschenwürde. Es sollte
       Gesetz werden. Und trotzdem lösen Zwischentöne ein gewisses Unbehagen aus.
       Der Verdacht verstärkt sich, dass Prostitution insgesamt in die
       Schmuddelecke oder gar in die Kriminalität zurückgedrängt werden soll.
       
       Die Debatte wird derzeit nicht nur in der institutionalisierten Politik
       geführt, sondern in der Gesamtgesellschaft. Zahlreiche Prominente haben
       einen Aufruf der Frauenrechtlerin Alice Schwarzer unterschrieben, die ein
       generelles Verbot der Prostitution fordert. Auch in Frankreich schlagen die
       Wogen hoch. Dort ist ein Gesetz geplant, das alle Kunden von Huren mit
       Geldstrafe oder Haft bedroht.
       
       Viele derjenigen, die Prostitution verbieten wollen, bestreiten nicht, dass
       es Männer und Frauen gibt, die ihr Gewerbe freiwillig ausüben. Sie
       argumentieren allerdings, das ändere nichts, da es langfristig zu einem
       Prozess der physischen oder psychischen Selbstzerstörung führe. Möglich.
       Und?
       
       Das Recht auf Selbstzerstörung ist ein Merkmal freiheitlicher
       Gesellschaften – nicht einmal versuchter Freitod ist strafbar. In England
       beispielsweise war das noch bis 1961 anders: weil nämlich der Krone ein
       „Untertan“ verloren zu gehen drohte. Aufschlussreiche Formulierung.
       
       Geltender Rechtsprechung zufolge schützt die Unantastbarkeit der
       Menschenwürde das Individuum auch davor, dass andere definieren, was unter
       seiner Menschenwürde zu verstehen ist. Anders ausgedrückt: Wer Huren,
       Stricher und Freier grundsätzlich vor sich selber schützen will, geht von
       der Unmündigkeit der Einzelnen aus. Dagegen sollten sich auch diejenigen
       wehren, die sich für das Thema Prostitution wenig interessieren.
       
       6 Nov 2013
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Bettina Gaus
       
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