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       # taz.de -- Berliner Szenen: Pirelli des Vatikans
       
       > In Rom kann man Kalender kaufen mit posenden Priestern. Man kann sie aber
       > auch im Internet bestellen.
       
   IMG Bild: Den Kalender kommen nur die Jungen und Schönen.
       
       Seine Finanzgeschäfte mit dem ganz normalen Volk wickelt der Vatikan nicht
       mit der Vatikanbank ab, sondern mit einem stinknormalen Geldhaus in
       Spanien. Ich weiß das, ich habe dem Vatikan gerade 20 Euro geschickt. In
       eine Filiale in Sevilla, in eine Straße, die Calle Jesus heißt.
       
       Ich stehe jetzt auch in regem Kontakt mit einem Mann aus dem Vatikan. Er
       und ich schreiben uns E-Mails, er nennt mich beim Vornamen. Er wird mir
       demnächst einen Kalender für das nächste Jahr schicken. Den habe ich bei
       ihm bestellt, im Internet.
       
       Ich kaufe sonst nie Sachen im Internet, weder bei Firmen noch bei
       Privatleuten, das ist mir alles suspekt. Wer weiß, was die Leute so für
       Zeug schicken, ob sie es ordentlich verpacken, damit nichts kaputtgeht. Ob
       sie das Paket überhaupt zur Post tragen. Aber diesen Kalender, den muss ich
       einfach haben, und sei es auf virtuellem Wege. Nach Rom, das weiß ich,
       komme ich so schnell nicht.
       
       Und jetzt, da ich bestellt und bezahlt habe und mir der Mann aus dem
       Vatikan geschrieben hat, er habe gleich zwei Exemplare in das Paket
       gepackt, bin ich ganz unruhig. Aber nicht, weil es etwa ein Kalender ist
       mit zwölfmal päpstlischer Heiligkeit – mal im Papamobil, mal unters Volk
       gemischt, mal bei einer Fußwaschung. Was Franziskus eben so macht.
       
       Nein, mein Kalender zeigt jeden Monat einen anderes katholisches Modell.
       Mein Kalender besteht aus zwölf jungen, sexy Priestern, wie sie in ihrem
       schwarzen Talar und mit ihrer kleinen, weißen Halsbinde mit der Kamera
       flirten, wie sie posen und gockeln. Das Ding ist gewissermaßen der
       Pirelli-Kalender des Vatikans.
       
       Das nenn ich doch mal echte Hingabe und Leidenschaft, ehrliches Engagement
       für die Sache. Das ist Katholizismus mit Pfiff. So lass ich mir auch die
       Sache mit Gott und so schmackhaft machen.
       
       5 Nov 2013
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Simone Schmollack
       
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