# taz.de -- Der sonntaz-Streit: Sollen Freier bestraft werden?
> Eine „Emma“-Kampagne fordert das Ende der Prostitution. In Schweden
> drohen Freiern Haftstrafen. Soll Deutschland sich ein Vorbild nehmen?
IMG Bild: Wie Sklaverei und Körperstrafen soll die Prostitution auf dem Müllhaufen der Geschichte landen.
„Ächtung und, wenn nötig, auch Bestrafung der Freier; also der
Frauenkäufer, ohne die dieser Menschenmarkt nicht existieren würde“,
fordert die feministische Zeitschrift Emma. Sie hat einen „[1][Appell gegen
Prostitution]“ veröffentlicht und damit eine öffentliche Debatte
angestoßen. 90 Prominente haben ursprünglich unterzeichnet.
Mittlerweile haben sich über 2.000 Unterstützer eingefunden. Ziel ist es,
Prostitution ganz abzuschaffen. Wie Sklaverei und Körperstrafen soll sie
auf dem Müllhaufen der Geschichte landen. Oft werden Prostituierte zum
Anschaffen gezwungen und werden zum Opfer von Gewalt und Ausbeutung.
Dass die Zurückdrängung der Prostitution und die Kriminalisierung der
Freier die Lösung ist, sehen nicht alle so. Der Berufsverband erotische und
sexuelle Dienstleistungen hat als Antwort auf Emma einen „[2][Appell für
Prostitution]“ veröffentlicht. Statt eine Abschaffung der Prostitution
anzustreben, verteidigt der Berufsverband den Weg der gesellschaftlichen
Anerkennung, der mit dem Prostitutionsgesetz 1999 in Deutschland
eingeschlagen wurde.
Dieses müsse auf Länderebene noch konsequenter umgesetzt werden.
Verbrechen, die im Zusammenhang mit Prostitution begangen werden, seinen
durch bestehende Gesetze schon ausreichend abgedeckt: „Gibt es keine
Einwilligung zu sexuellen Handlungen, so handelt es sich nicht um
Prostitution. Denn Sex gegen den Willen der Beteiligten ist
Vergewaltigung.“
Für beide Appelle finden sich hochkarätige Unterstützer. Unter dem Banner
von Alice Schwarzer versammeln sich vor allem Prominente wie die
Schauspielerin Senta Berger, die Fernsehköchin Sarah Wiener oder
Aktivistinnen von Femen Deutschland. Unter den Unterzeichnern des
Gegenappells befinden sich viele, die beruflich mit dem Thema konfrontiert
sind. Etwa Sonja Dolinsek vom Onlinemagazin [3][menschenhandel heute] oder
Marianne Rademacher, die Frauenreferentin der Deutschen Aids-Hilfe, aber
auch der Schauspieler Christian Ulmen.
## Manifest der 343 Dreckskerle
Während hierzulande die Befürworter legaler Prostitution mit dem
Wohlergehen der Prostituierten argumentieren, wird bei einer ähnlichen
Debatte in Frankreich ein deutlich rauerer Ton angeschlagen. „Hände weg von
meiner Hure“ fordert das „[4][Manifest der 343 Dreckskerle]“. Die
Unterzeichner verteidigen darin ihr Recht auf käuflichen Sex.
Sie protestieren gegen ein [5][geplantes Gesetzesvorhaben], das die Kunden
von Prostituierten kriminalisiert. Die Zahl der Unterzeichner ist eine
Anspielung auf die Liste jener 343 Frauen, die 1971 zugaben, illegal
abgetrieben zu haben: eine gezielte Provokation der französischen
Frauenbewegung.
Ein Gesetz, das es verbietet, für Sex zu bezahlen, aber die Prostituierten
selber nicht illegalisiert, gibt es in Schweden seit 2002. Kritiker
bemängeln, dass es dadurch nicht weniger Prostitution gibt, sondern das
Rotlichmillieu nur in die Verborgenheit gedrängt werde. Damit entziehe es
sich erst recht jedem regulierendem Zugriff zum Schutz der Prostituierten.
Andere, wie etwa Kajsa Edis Ekram, die sich als Journalistin mit dem Thema
befasst, finden die Strafen für Freier nicht rigoros genug.
Prostitution, eine barbarische Unsitte, von der wir uns verabschieden
müssen? Ein notwendiges Übel? Oder ist sie gedeckt durch die
Freiheitsrechte? Wie sehen Sie das?
Diskutieren Sie mit! Die sonntaz wählt unter den interessantesten
Kommentaren einen oder zwei aus und veröffentlicht sie in der sonntaz vom
9./10. November. Der Kommentar sollte etwa 1.000 Zeichen umfassen und mit
dem Namen, Alter, einem Foto und der E-Mail-Adresse der Autorin oder des
Autors versehen sein. Oder schicken Sie uns bis Mittwoch, 6. November, eine
Mail an: [6][streit@taz.de]
5 Nov 2013
## LINKS
DIR [1] http://www.emma.de/hefte/ausgaben-2013/novemberdezember-2013/appell-gegen-prostitution/
DIR [2] http://www.sexwork-deutschland.de/Prostituierten-Vereinigung/Aktuelles/Eintrage/2013/10/29_Appell_fur_Prostitution.html
DIR [3] http://menschenhandelheute.net/
DIR [4] /Prostitutionsdebatte-in-Frankreich/!126748/
DIR [5] /!124813/
DIR [6] /streit@taz.de
## AUTOREN
DIR Andreas Kiener
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