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       # taz.de -- Kommentar Deutsche Politik und Snowden: Moral gibt es nicht kostenlos
       
       > Ein Asyl für Edward Snowden in Deutschland würde die Beziehungen zur USA
       > belasten. Also kuschen SPD und CDU. Souveränität beweisen sie so nicht.
       
   IMG Bild: Edward Snowden schielt wohl umsonst auf ein politisches Asyl in Deutschland.
       
       Die Bundesrepublik sieht sich als moralische Gesellschaft. Das Kriegerische
       und Aggressive passt nicht in ihr Selbstbild. Dafür stehen die Deutschen
       gern, etwas mehr als andere Europäer, auf der richtigen Seite, jedenfalls
       wenn es nicht mit allzu vielen Unbequemlichkeiten verbunden ist. Sie sind
       eine empörungsbereite Gemeinschaft, die empfindlich reagiert, wenn
       Politiker Journalistinnen mit Anzüglichkeiten kommen. Oder wenn es gilt,
       vergangenes Unrecht zu verurteilen. Hauptsache, es kostet nichts.
       
       Edward Snowden droht, wenn die USA ihn in ihre Fänge bekommen, lebenslange
       Haft. Juristisch wäre das korrekt. Er hat Staatsgeheimnisse veröffentlicht
       und sich des Landesverrats schuldig gemacht. Politisch aber hat er der
       Staatengemeinschaft einen kaum zu überschätzenden Dienst erwiesen und ein
       klandestines, organisiertes Verbrechen ans Licht gebracht: den
       Lauschangriff der USA auf den Rest der Welt.
       
       Im Fall Snowden geht es also um Moral – aber die kostet. Sie kann sogar
       ziemlich teuer werden.Wenn die Bundesregierung Snowden Asyl oder ein
       solides Bleiberecht gewähren würde, bekäme sie ein Problem. Michael Hayden,
       Ex-NSA-Chef, hat schon angedeutet, wo der Hammer hängt: Berlin würde fortan
       zu den Gegnern der USA zählen. Strafe bei Missverhalten – so redet man in
       den Kapitalen der Macht über aufmüpfige Provinzen.
       
       Realpolitisch bedeutet das: Dauerstress mit jenem Staat, der militärisch
       und informationstechnologisch die weltweite Nummer eins ist. Und,
       Schreckbild aller Geheimdienste: Deutschland wäre abgeschnitten vom
       Informationsstrom der US-Dienste. Zumindest für eine Weile.
       
       In dieser heiklen Lage tut Angela Merkel, was sie am besten kann: gar
       nichts. Und die SPD? Als sie noch Opposition war, forderte sie forsch
       rasche Aufklärung und ein faires Asylverfahren für Snowden. Jetzt, als
       Regierung in spe, klingen SPDler wie Thomas Oppermann plötzlich ganz, ganz
       vorsichtig. Die SPD hat Angst vor ihrer Courage von gestern, als die Moral
       noch nichts kostete.
       
       Aber lohnt es wirklich, nur wegen eines integren Whistleblowers einen
       Streit mit den USA zu riskieren? Ja. Denn es muss klar werden, dass solch
       beispiellose Zivilcourage nicht im Gefängnis endet. Snowden Schutz zu
       gewähren wäre ein Zeichen, dass diese Republik souverän ist. Und dass sich
       Deutschland nicht nur auf Gratismoral versteht.
       
       5 Nov 2013
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Stefan Reinecke
       
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