URI: 
       # taz.de -- Reformauflagen der Gemeinschaft: EU drangsaliert Krisenstaaten
       
       > Die begehrten Strukturhilfen der EU werden daran gebunden, wer dem
       > Brüsseler Spardiktat folgt. Der Protest gegen den „Irrsinn“ ist heftig.
       
   IMG Bild: Die Großen in der EU nehmen die Kleinen noch stärker in die Zange: Protestler vor der griechischen Zentralbank in Athen.
       
       BRÜSSEL taz | Den Krisenländern der EU droht künftig eine doppelte Strafe
       aus Brüssel. Wenn sie gegen die Spar- und Reformauflagen der EU-Kommission
       verstoßen, werden nicht nur EU-Defizitverfahren mit millionenschweren
       Geldstrafen fällig. Zusätzlich sollen auch noch die –für viele Krisenländer
       überlebenswichtigen – Zahlungen aus den EU-Struktur- und Kohäsionsfonds
       zurückgehalten werden. Dies beschlossen die EU-Botschafter am
       Mittwochnachmittag in Brüssel. Vor allem Deutschland habe sich für die
       umstrittene Neuregelung starkgemacht, hieß es in EU-Kreisen.
       
       Demgegenüber hatte das Europaparlament die Einbeziehung der EU-Fonds in die
       „makroökonomische Konditionalität“ abgelehnt. Diese „Konditionalität“
       bedeutet, dass EU-Gelder nur dann fließen, wenn sich ein EU-Land an die
       Vorgaben aus Brüssel hält. Sie wurde im Rahmen der Eurokrise eingeführt und
       bedeutet in der Regel Kürzungen im Sozialen und bei der Kultur, eine
       Senkung des Mindestlohns oder massive Privatisierungen.
       
       Bisher galt die „Konditionalität“ allerdings nur für Nothilfen. Nun soll
       sie auch auf die Regionalpolitik ausgeweitet werden – also auch die
       Struktur- und Kohäsionsfonds. Die Neuregelung könne sich negativ auf
       Investitionen in ohnehin benachteiligten Regionen auswirken, warnte der
       Chef des Ausschusses der Regionen, der Spanier Ramon Luis Valcarcel Siso.
       Die Sanktionsdrohung sei „nicht gerechtfertigt“ und sorge für große Unruhe.
       
       Massiver Ärger droht auch im EU-Parlament. Die Reform sei aus ökonomischer
       Sicht falsch, sagte der grüne Finanzexperte Sven Giegold. Man dürfe
       schwache Länder nicht doppelt bestrafen, dies sei „Irrsinn“.
       
       Die regionalpolitische Grünen-Sprecherin Elisabeth Schroedter sagte, gerade
       Krisenländern eröffneten Struktur- und Kohäsionsfonds oft die einzigen
       Wege, zu investieren – und so etwas gegen die Krise zu tun: „Die Effekte
       dieser Sanktionsmaßnahmen wirken in den Regionen wie ein Damoklesschwert“.
       
       Regionalpolitik war im EU-Budget für 2007–13 der zweitgrößte Posten. Die
       Fonds summierten sich auf insgesamt 347 Milliarden Euro. Bei diversen
       EU-Gipfeln hatte Kanzlerin Angela Merkel Krisenländern schnellere Hilfe aus
       den Strukturfonds versprochen. Dieses Versprechen wird jetzt, so die
       Kritiker, ad absurdum geführt.
       
       31 Oct 2013
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Eric Bonse
       
       ## TAGS
       
   DIR EU
   DIR Euro
   DIR Krise
   DIR Schwerpunkt Angela Merkel
   DIR EU-Kommission
   DIR EU-Parlament
   DIR Krise
   DIR Spanien
   DIR Eurokrise
   DIR Export
   DIR Sparpolitik
   DIR Euro
   DIR Griechenland
   DIR EZB
   DIR Euro
   DIR Europa
   DIR Jugendarbeitslosigkeit
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR Geisteswissenschaftler über Finanzkrise: Die Krise auf der Couch
       
       Die deutschen Psychoanalytiker wollten die europäische Finanzkrise einmal
       anders betrachten und luden ein. Doch die Krise lässt sich nicht so leicht
       fassen.
       
   DIR Krisenländer und Rettungsschirm: Irland und Spanien steigen aus
       
       Die einstigen Krisenländer wollen die Rettungsprogramme verlassen. Das
       heißt nicht, dass Irland und Spanien die Krise überwunden haben.
       
   DIR Kommentar Koalition und Europa: Politik verdrängt Euro-Debatte
       
       Schwarz-Rot stellt dringend zu klärende Europa-Fragen in den laufenden
       Verhandlungen hintenan. Mit weitreichenden Konsequenzen.
       
   DIR USA kritisieren deutsche Wirtschaft: Zu wenige Importe
       
       Das amerikanische Finanzministerium hat die starke Exportorientierung der
       deutschen Wirtschaft gerügt. Die Kritik stößt auf wenig Verständnis.
       
   DIR Merkel harmonisiert die EU-Politik: Eine Agenda 2010 für alle
       
       Beim EU-Gipfel macht die Bundeskanzlerin klar, dass sie nach dem Sparkurs
       nun Reformen diktieren will. Die Bürger werden nicht beteiligt.
       
   DIR Eurokolumne: Kröten für Berlin
       
       Im Wahlkampf haben die deutschen Euroretter Däumchen gedreht. Die nächste
       Regierung muss mit den Lebenslügen von Schwarz-Gelb aufräumen.
       
   DIR Griechische Reformpolitik: Brüssel regiert in Athen mit
       
       Der Rettungsfonds ESM mischt sich in Griechenland immer stärker ein und
       fordert eine raschere Privatisierung. Damit hat er eine Rolle, die nie
       vorgesehen war.
       
   DIR Europäische Bankenaufsicht: Rettungsplan hängt
       
       Das Europaparlament und die Europäische Zentralbank streiten über die
       geplante Bankenunion: Wer muss wem wieviel Auskunft geben?
       
   DIR Krise in Griechenland: Schäuble droht Hilfe an
       
       Ist die Ankündigung neu, dass Athen neue Hilfsmilliarden bekommt? Merkel
       lehnt einen weiteren Schuldenschnitt für den Krisenstaat ab.
       
   DIR Kürzungen reichen nicht: Troika drängt Griechenland
       
       Das Krisenland soll mehr Staatsdiener entlassen. Die Sparkommissare drohen,
       sonst neue Hilfen in Höhe von acht Milliarden Euro zu blockieren.
       
   DIR Eurokolumne: Euro-Domina spielt Weihnachtsmann
       
       Merkel will 6 Milliarden Euro für die arbeitslose Jugend in Europa
       lockermachen. Doch hinter der Wahlkampf-Maske verfolgt sie ihre neoliberale
       Politik weiter.