# taz.de -- Kommentar NSA-Ausspähung: Schimpfen auf die USA reicht nicht
> Regierungen wägen im Geheimen zwischen Sicherheitsinteresse und
> Freiheitsrechten ab. Diese Entwicklung trifft die Demokratie im Kern.
IMG Bild: Ein Objekt aus „Außer Kontrolle? Leben in einer überwachten Welt“
Manchmal ist es erfrischend, mit welcher Klarheit sich manche Leute
auszudrücken wissen. James Clapper ist einer davon. Der
US-Geheimdienstkoordinator sagte bei einer [1][Kongressanhörung in
Washington], selbstverständlich sei es hilfreich, Politiker aus verbündeten
Staaten abzuhören, schließlich wolle man doch wissen, was sie wirklich
denken. Und sein Kollege, NSA-Chef Keith Alexander, fügte hinzu, er gehe
fest davon aus, dass die Europäer ihrerseits auch US-Politiker ausspähten.
Keith Alexander war es auch, der in derselben Anhörung einen Hinweis darauf
gab, warum es zwischen der öffentlich geäußerten europäischen Empörung und
dem tatsächlichen Handeln der europäischen Regierungen in ihrem Verhältnis
zu den USA so einen offensichtlichen Widerspruch gibt: Die Datensammlungen
über Millionen Telefongespräche in Europa stammten gar nicht von der NSA,
sondern seien von den europäischen Diensten selbst erhoben und übermittelt
worden, sagte Alexander.
Das mag im Einzelnen stimmen oder nicht – sicher scheint jedoch, dass die
europäischen Dienste ihre Zusammenarbeit mit den USA und ihre eigenen
Überwachungskapazitäten im vergangenen Jahrzehnt stetig ausgebaut haben,
über die Köpfe ihrer Bevölkerungen hinweg. Jede allzu scharfe Kritik an den
USA schlägt sofort auf unsere eigenen Regierungen zurück.
Letztlich vermengen sich in der Debatte hierzulande seit Bekanntwerden des
„Handygate“ zwei Dinge, die nicht zusammengehören. Da ist zum einen die
Spionage gegen Politiker, Militärs und Wirtschaftsführer. Die gab es schon
immer, sie gehört zur Kernaufgabe von Geheimdiensten. Und da ist zum
anderen die flächendeckende Überwachung der Kommunikation ganzer
Bevölkerungen. Die wurde erst mit der Digitalisierung möglich und fand vor
zwölf Jahren mit dem „Antiterrorkrieg“ ihre Legitimation.
Alle westlich-demokratischen Regierungen sprechen stets von der schwierigen
gesellschaftlichen Aufgabe, zwischen Sicherheitsinteresse und bürgerlichen
Freiheitsrechten abzuwägen. Nur entscheidet nicht die Gesellschaft nach
offener Debatte, sondern Regierungen und Dienste beschließen im Geheimen.
Gäbe es keine Edward Snowdens, wüssten wir davon nicht einmal. Diese
Entwicklung trifft die Demokratie in ihrem Kern. Sie aufzuhalten ist
essenziell. Dabei auf die Regierungen zu vertrauen wäre naiv.
30 Oct 2013
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## AUTOREN
DIR Bernd Pickert
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