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       # taz.de -- Frankreichs Fußballklubs planen Streik: Klage des Krösus
       
       > Der französische Staat plant, eine Reichtumsteuer auch bei den Klubs
       > einzuziehen. Deren Bosse befürchten den Niedergang des Fußballs.
       
   IMG Bild: Könnte für seinen Verein Paris St. Germain noch teurer werden, als er eh schon ist: Zlatan Ibrahimovic
       
       PARIS taz | Den französischen Fußballfreunden steht in einem Monat, am 30.
       November, ein Wochenende ohne Matchs bevor. Es sind aber nicht etwa die
       Spieler, die streiken wollen, sondern die Klubpräsidenten, die in ihrer Wut
       und Verzweiflung über eine neue Steuer auf die Spitzensaläre der
       bestbezahlten Stars einen Boykott angekündigt haben.
       
       „Wenn man Frankreichs Fußball killen wollte, könnte man es nicht besser
       anpacken als so“, schimpft Bernard Caïazzo, der Präsident des Erstligaklubs
       Saint-Etienne. Sein blanker Zorn gilt der geplanten Einführung einer
       Reichtumsteuer für Spitzenlöhne von mehr als einer Million Euro. Die
       Arbeitgeber solcher Luxusangestellten sollen für das Jahreseinkommen, das
       jenseits der Millionengrenze liegt, eine Abgabe in der Höhe von 75 Prozent
       entrichten. Was für die Betroffenen wie eine Strafe aussieht, ist nach
       Ansicht des sozialistischen Staatspräsidenten François Hollande nur eine
       Geste des sozialen Ausgleichs.
       
       Im Visier dieser Maßnahme sind nicht nur große Wirtschaftskonzerne, die
       ihren Topmanagern solche astronomisch anmutenden Honorare bezahlen, sondern
       eben auch die Sportklubs, die sich internationale Stars und deren
       Millionen-Gagen leisten können. Ob diese so viel Geld (für meist so wenig
       erzielte Tore) dann auch wirklich verdienen, darüber gehen die Meinungen
       natürlich auseinander wie über das Prinzip der neuen Steuer.
       
       Vergeblich haben sich die mächtigen Klubpräsidenten der Ersten Fußballliga
       gegen die drohende Sanktion gewehrt. Eine erste Fassung der
       75-Prozent-Steuer, die direkt auf ein Spitzeneinkommen von über einer
       Million erhoben werden sollte, war im Verfassungsgericht durchgefallen,
       weil angeblich die Berechnung pro Einzelperson oder Paare zu kompliziert
       war. Jetzt hat die Regierung als Umweg beschlossen, statt den Arbeitnehmer
       selber wie zur Strafe für so schockierend hohe Gagen den Arbeitgeber zur
       Kasse zu bitten.
       
       ## Angst um die Konkurrenzfähigkeit
       
       Die Fußballklubs klagen unisono, das bringe sie aufgrund der zum Teil
       ohnehin schon bedrohlichen finanziellen Situation an den Rand des
       Bankrotts. Und wenn sie überlebten, könnten sie sich künftig keine
       ausländischen Stars mit ihren hohen Lohnforderungen mehr leisten, und die
       besten französischen Spieler wiederum (die schon jetzt häufig in England,
       Italien oder Spanien, wenn nicht sogar in den USA oder Katar unter Vertrag
       stehen) würden erst recht ins Ausland gehen.
       
       Einer ersten Berechnung zufolge müsste der reichste Klub, Paris
       Saint-Germain, mit seinen teuren Stars wie Zlatan Ibrahimovic und Co mehr
       als 23 Millionen Euro zusätzlich an den Fiskus abliefern, Olympique
       Marseille und Olympique Lyonnais je 5 Millionen. Auch Klubs mit
       vergleichsweise viel bescheideneren Budgets wie Bastia oder Guingamps
       müssten mit Mehrkosten von einigen zehntausend Euro rechnen.
       
       Ob das tatsächlich sogar ihre Existenz infrage stellen würde, darf
       bezweifelt werden. Obwohl von 40 Fußballklubs nur 14 direkt betroffen sind,
       sollen sich alle Mannschaften der ersten und zweiten Liga aus Solidarität
       am „Streik“ beteiligen. Die Klubleitungen hoffen, mit dieser „roten Karte“
       für den Fiskus den Staat zur Einsicht bringen zu können.
       
       Laut Umfragen kommt diese Boykottdrohung aber bei den Franzosen gar nicht
       gut an. Erstens meinen 86 Prozent von ihnen (voller Neid), die Fußballer
       verdienten ohnehin zu viel. Zudem haben die meisten Sportfreunde den höchst
       unpopulären Trainingsstreik der „Bleus“ bei der WM in Südafrika vor drei
       Jahren weder vergessen noch verziehen.
       
       Mit viel Solidarität kann der Steuerstreik der Fußballklubs in Frankreich
       nicht rechnen. Laut einer Befragung für den Fernsehsender LCI finden 85
       Prozent der Leute, die Sportklubs sollten nicht von der
       75-Prozent-Besteuerung verschont werden, und ebenso hoch ist mit 83 Prozent
       die Mehrheit, die den Boykott vom 30. November als „ungerechtfertigt“
       missbilligt. An jenem Wochenende bleibt ihnen im Fernsehen ja immer noch
       der weit besser bezahlte Fußball im Ausland.
       
       30 Oct 2013
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Rudolf Balmer
       
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