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       # taz.de -- Paris kippt Maut: Die spinnen, die Bretonen
       
       > Die französische Regierung kapituliert im Streit über die
       > Öko-Schwerverkehrsabgabe für Laster. Vorausgegangen waren gewalttätige
       > Protesten.
       
   IMG Bild: Maut, non merci, sagen die Franzosen.
       
       PARIS taz | „Die Courage besteht darin, zuzuhören und den Dialog
       aufzunehmen“, erklärte Premierminister Jean-Marc Ayrault am Dienstag nach
       einem Treffen den Vertretern der Region Bretagne zur umstrittenen
       Öko-Schwerverkehrsabgabe.
       
       In diesem Fall beschränkt sich sein Mut vor allem darauf, die Einführung
       dieser vor allem von den Bretonen heftig bekämpfte Maut in ganz Frankreich
       auf unbestimmte Zeit zu verschieben. Auch wenn der Regierungschef nicht von
       einem definitiven Verzicht auf diese zusätzliche Einnahme für die
       Staatskasse reden wollte, sieht seine Entscheidung unter dem Druck massiver
       Proteste ganz wie eine Kapitulation aus.
       
       Schon seit Monaten hatten Straßentransportunternehmer und Gewerbetreibende
       gegen diese „Ökotaxe“ protestiert, die auf rund 15.000 Kilometern
       Landstraßen – und nicht auf den ohnehin schon gebührenpflichtigen
       Autobahnen – ab Januar erhoben werden sollte. Sie sollte pro Lastwagen
       zwischen 8 und 13 Cent pro Kilometer kosten und 1,2 Milliarden pro Jahr
       einbringen. Mit diesem Geld sollten umweltfreundlichere Verkehrswege, vor
       allem neue Bahnstrecken oder die Kanalschifffahrt, finanziert werden –
       darum die Bezeichnung „öko“.
       
       Gerade in den ländlichen Randregionen wie in der Bretagne war diese neue
       Steuer – Umwelt hin oder oder her – eine Abgabe zu viel. Die lokalen
       Produzenten und ihre Transporteure fürchteten um ihre Existenz.
       Entsprechend heftig war der Widerstand.
       
       ## Angst vor Steuerrevolte
       
       Am letzten Wochenende war es bei Demonstrationen in mehreren Orten zu
       gewaltsamen Auseinandersetzungen mit der Polizei gekommen. Die Bretagne,
       traditionell eine linke Wahlhochburg, stand am Rand eines regionalen
       Aufstands. Die Regierung fürchtete, dass sich die Steuerrevolte weiter
       ausweiten würde. Sie hatte am Dienstagmorgen die Volksvertreter der
       Bretagne zu einer Aussprache nach Paris eingeladen, um über zusätzliche
       Anpassungen zu reden. Zuletzt aber hat sie dem Frieden zuliebe ganz auf das
       umstrittene Vorhaben verzichtet.
       
       Nur eine halbe Ausrede ist es für die heutige Linksregierung, dass ihr die
       ganze Affäre von den rechten Vorgängern eingebrockt worden ist. Denn die
       Idee der Öko-Schwerverkehrsabgabe war bei einer von Präsident Nicolas
       Sarkozy im Herbst 2009 einberufenen Umweltkonferenz beschlossen worden.
       
       2011 hatte Sarkozys Premierminister François Fillon zur Verwirklichung des
       neuen Mautsystems für die Laster mit dem privaten Unternehmen Ecomouve
       einen Vertrag über 13 Jahre abgeschlossen. Der Bruch dieses geerbten
       Vertrags würde die jetzige Regierung mehrere hundert Millionen Euro kosten.
       Die Mauterhebungsfirma verdient also in jedem Fall.
       
       29 Oct 2013
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Rudolf Balmer
       
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