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       # taz.de -- Indiens Mars-Pläne: Der Griff nach den Sternen
       
       > Trotz eines geringen Budgets hat die Raumfahrtbehörde in Indien große
       > Pläne. Bald soll die erste Mission zum Mars starten.
       
   IMG Bild: Hochtechnologie im indischen Bangalore: Ingenieure der Marsmission bei der Arbeit.
       
       DELHI taz | Der Countdown auf dem Weltraumbahnhof Satish Dhawan im Süden
       Indiens läuft. Am 5. November will die Raumfahrtbehörde Isro von dort
       erstmals eine Forschungssonde zum Mars schicken. Der mit fünf Kameras und
       Sensoren ausgerüstete Orbiter sollte ursprünglich Ende Oktober starten.
       
       Schlechtes Wetter kam dazwischen – nicht in Indien, sondern im Südpazifik,
       von wo aus zwei Forschungsschiffe die 300-tägige Mission verfolgen werden.
       Läuft nach dem Abheben alles planmäßig, wird die Sonde Ende September 2014
       erste Daten aus der Umlaufbahn des roten Planeten senden.
       
       Mit dem ambitionierten Vorhaben wolle Indien einen weiteren großen Schritt
       hin zur international anerkannten Raumfahrtnation machen, so der
       Fachjournalist Kalyan Ray. Dabei gehe es nicht nur darum, wissenschaftliche
       Daten aus der Atmosphäre und von der Oberfläche des Mars zu sammeln. „Die
       indischen Forscher und Techniker wollen auch zeigen, dass sie die dafür
       notwendigen hochkomplexen Technologien beherrschen.“
       
       Indiens Griff nach den Sternen begann bescheiden. 1975 brachte eine
       sowjetische Rakete den ersten indischen Satelliten ins All. Fünf Jahre
       später glückte erstmals ein Raketenstart. Diese Erfolge gaben den Schub für
       die Entwicklung weiterer Satelliten und den Bau von Trägersystemen. Als
       besonders zuverlässig haben sich die Polar Satellite Launch Vehicles
       erwiesen, das sind Trägerraketen für Nutzlasten von bis zu zwei Tonnen
       Gewicht.
       
       Dutzende indische sowie rund 30 ausländische Satelliten gelangten mit ihnen
       bereits in die Umlaufbahn. Auf mehr als 100 Weltraummissionen kann die
       Raumfahrtbehörde insgesamt zurückblicken. „Bei relativ niedrigen Ausgaben
       haben wir Weltklasse-Technologien entwickelt“, findet der frühere
       Behördenchef Udipi Ramachandra Rao.
       
       ## Erste Mondsonde 2008
       
       Bis vor zehn Jahren habe sich die Behörde dabei auf Projekte zur
       wirtschaftlichen und sozialen Entwicklung Indiens konzentriert. „Das
       betrifft Bereiche wie Telekommunikation und Rundfunkübertragung. Unsere
       Daten waren und sind aber auch von großer Bedeutung für Land- und
       Fischereiwirtschaft.“ Inzwischen habe die indische Weltraumbehörde die
       wissenschaftlichen Kapazitäten, um auch weiter in die Tiefen des Weltraums
       zu blicken.
       
       Im Herbst 2008 startete eine Trägerrakete mit der ersten indischen
       Mondsonde an Bord. Diese lieferte zehn Monate lang Daten vom Erdtrabanten
       an die Forscher. Dann brach der Kontakt ab – früher als geplant. Trotzdem
       sprach die Behörde von einem Erfolg. „Das war nicht dramatisch“, sagt auch
       Journalist Ray. Schließlich habe die Sonde ihre Aufgaben „zu 90 bis 95
       Prozent“ erfüllt. So seien etwa Wassermoleküle auf der Mondoberfläche
       entdeckt worden.
       
       Kopfzerbrechen bereiten den indischen Technikern größere Raketen für
       Nutzlasten von über zwei Tonnen. Bislang missglückten sämtliche Starts,
       ohne dass sich die Verantwortlichen zu den Gründen äußerten. Daher kann nur
       spekuliert werden, ob auch Finanzierungsprobleme dahinter stecken.
       
       ## Nurt ein kleiner Etat
       
       Fakt ist: Die indische Raumfahrt muss mit einem schmalen Etat auskommen.
       Für das laufende Geschäftsjahr 2013/14 bewilligte die Regierung rund 56
       Milliarden Rupien (das sind etwa 660 Millionen Euro) – ein Bruchteil des
       Budgets der US-Weltraumbehörde Nasa. Nach offiziellen Angaben sind 55
       Prozent der Gelder für Entwicklung und Bau neuer Satelliten veranschlagt,
       35 Prozent fließen in die Trägersysteme.
       
       Der Rest wird für Forschungsprojekte wie die Marsmission ausgegeben, deren
       Kosten gerade einmal 4,5 Milliarden Rupien (53 Millionen Euro) betragen.
       Die indische Raumfahrtbehörde plant mittlerweile eine zweite Mondmission,
       bei der ein Fahrzeug auf der Mondoberfläche ausgesetzt werden soll. Bereits
       2015 soll der erste bemannte Raumflug starten.
       
       Fachjournalist Kalyan Ray ist jedoch skeptisch. „Zeitrahmen und Budget für
       beide Projekte sind knapp bemessen“, sagt er. „Zudem brauchen wir für den
       Transport zuverlässige Raketen.“ Anders als bei der aktuellen Marsmission
       stehe hinter diesen Projekten der indischen Raumfahrt deshalb noch ein
       großes Fragezeichen.
       
       30 Oct 2013
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Stefan Mentschel
       
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