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       # taz.de -- Reporter in Syrien: Journalisten leben gefährlich
       
       > In Syrien werden immer mehr Journalisten getötet oder entführt. Laut
       > „Reporter ohne Grenzen“ ist das Land weltweit der gefährlichste Ort für
       > Berichterstatter.
       
   IMG Bild: Inszeniertes Jubeln für Assad
       
       BEIRUT afp | Von Heckenschützen getötet, der Spionage beschuldigt, von
       Freischärlern entführt – angesichts der wachsenden Risiken in Syrien reisen
       nicht mehr viele Kriegsreporter in das Land. Zu den Gefahren für Leib und
       Leben kommt die restriktive Vergabe von Pressevisa durch die Regierung in
       Damaskus sowie die zügellose Propaganda beider Seiten, die die
       Berichterstattung noch schwieriger machen.
       
       „Die meisten in Frage kommenden Journalisten sagen, es sei derzeit zu
       gefährlich nach Syrien zu gehen, auch wenn viele das gerne machen würden
       und eigentlich für notwendig halten“, berichtet Soazig Dollet, bei Reporter
       ohne Grenzen (ROG) verantwortlich für Nahost und Nordafrika. Nach
       ROG-Zählung wurden seit Beginn des bewaffneten Konflikts in Syrien im März
       2011 mindestens 25 Berufsreporter und 70 Bürgerjournalisten getötet.
       
       Sehr viel mehr erlitten Verwundungen, wie der erfahrene Nahostkorrespondent
       der ARD, Jörg Armbruster, der während Recherchearbeiten in Aleppo im März
       lebensgefährlich durch Schüsse verletzt worden war. Doch als noch größeres
       Risiko gelten inzwischen die Entführungen. Zur Zeit werden laut ROG
       mindestens 16 Auslandskorrespondenten in Syrien vermisst; dazu kommen noch
       Fälle, in denen die Angehörigen ohne Öffentlichkeit Kontakt zu den
       Kidnappern suchen.
       
       Auch die einheimischen Blogger sind in Gefahr entführt zu werden, sei es
       von Milizen der Regierung oder durch die mit dem Terrornetzwerk Al-Kaida
       verbundene Gruppierung Islamischer Staat im Irak und der Levante (ISIL),
       die große grenznahe Gebiete im Norden und Osten kontrolliert. Da die
       Regierung die Bewegungsfreiheit von Korrespondenten stark einschränkt,
       kamen viele ohne Visa über die Landgrenzen aus Jordanien, Irak, Libanon
       oder die Türkei.
       
       Die Risiken haben sich dabei im Laufe des Bürgerkrieges von Gebieten, die
       die Regierung kontrolliert, in von Rebellen gehaltene Zonen verlagert,
       berichtet Sherif Mansour vom Committee to Protect Journalists in New York.
       „Zu Beginn gingen die Entführungen allesamt auf das Konto der Regierung.
       Inzwischen sind mehr und mehr bewaffnete Oppositionsgruppen beteiligt“,
       erläutert er der AFP. Das Motiv sei hier oft finanzieller Natur.
       
       ## Der Spionage beschuldigt
       
       „Zudem gibt es Gruppen, die gezielt Journalisten angreifen und sie als
       Spione beschuldigen"“ fügt Mansour hinzu. So waren in den letzten Monaten
       in den Internetforen der Dschihadisten Warnungen aufgetaucht, die
       Journalisten wollten „ihren Mastern“ Informationen über die Bewaffnung der
       Aufständischen liefern.
       
       „Um in die Rebellengebiete zu gelangen, muss man inzwischen den Schutz von
       bewaffneten Gruppen suchen, die einen Draht zu den radikalen Islamisten
       haben“, berichtet ein freier Journalist, der seit zwei Jahren immer wieder
       nach Syrien reist. „Sonst würden Sie von irgendeiner der Gruppen
       gekidnappt, die rund um Idleb, Raka oder Aleppo operieren“, sagt er um
       Anonymität bittend.
       
       Bei seinem letzten Einsatz ließ er sich mit einigen Kollegen von acht
       Soldaten der Freien Syrischen Armee begleiten, denen sie 300 Dollar pro Tag
       zahlten. Und obwohl sie mehrere ISIL-Kontrollposten passieren konnten, habe
       die Eskorte zweimal energisch eingreifen müssen, um sie vor Kämpfern dieser
       Gruppe zu schützen, berichtet der Kriegsreporter.
       
       ## Kein Schutz durch Krisentraining
       
       International tätige Verbände, wie der Rory Peck Trust, der die Arbeit
       freier Journalisten unterstützt, raten inzwischen davon ab, nach Syrien zu
       reisen. Eine Lage wie dort sei „noch nie dagewesen und kein noch so gutes
       Krisentraining im Vorfeld kann die Entführungsgefahr mindern“, heißt es in
       einer Verbandsmitteilung.
       
       ROG-Expertin Dollet formuliert dies noch drastischer: „Syrien ist derzeit
       für Journalisten der schlimmste Ort auf der Welt.“ Sherif Mansour gibt
       allerdings zu Bedenken: „Dass immer weniger Berichterstatter nach Syrien
       reisen, ist eine willkommene Belohnung für diejenigen dort, die die
       Menschenrechte mit Füßen treten.“
       
       29 Oct 2013
       
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