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       # taz.de -- Hellersdorf: Rechte treten auf der Stelle
       
       > Bürger, Politiker und Antifas stoppen durch Sitzblockaden einen Aufzug
       > von Neonazis gegen ein Flüchtlingsheim. 21 Gegendemonstranten werden
       > festgenommen.
       
   IMG Bild: In dieser ehemaligen Schule leben nun Flüchtlinge (Archivbild)
       
       Am Samstag stoppten engagierte Bürgerinnen und Bürger einen Aufzug von rund
       140 Rechten vor dem Asylbewerberheim in Hellersdorf. Etwa 500
       Gegendemonstranten waren gekommen. 200 von ihnen gelang es mit einer
       Sitzblockade, die rechte Demo zu beenden.
       
       Die anonym im Internet agierende „Bürgerinitiative Marzahn-Hellersdorf“,
       die laut Verfassungsschutz von der NPD beeinflusst ist, hatte tagelang zu
       einem „Tag der Meinungsfreiheit“ getrommelt. Mobilisiert wurde über das
       Internetportal Facebook, in ganz Hellersdorf hingen Plakate. Angemeldet
       waren 300 Teilnehmer. Von den rund 140 Demonstranten, die letztlich kamen,
       waren lediglich ein Dutzend Hellersdorfer Bürger. Der Großteil gehörte zur
       NPD, der ehemaligen und inzwischen verbotenen Kameradschaft Frontbann 24
       sowie anderen Neonaziorganisationen, nicht nur aus Berlin.
       
       Bereits wenige Meter hinter ihrem Ausgangspunkt, dem U-Bahnhof Neue
       Grottkauer Straße, endete die Demonstration wieder. Die Rechten waren durch
       die Sitzblockade zwischen Sechsgeschossern eingekesselt. Auch die
       Abgeordneten Canan Bayram (Grüne) und Regina Kittler (Linke) saßen auf der
       Straße. Die Polizei forderte die Blockierer mehrfach zur Aufgabe auf. Dann
       ließ sie 16 Teilnehmer räumen, ein Mann kollabierte dabei.
       
       Danach ging die Polizei anders vor. Sie ließ die Blockierer gewähren und
       erklärte die Demo der Neonazis für beendet. „Die Festnahmen haben nicht
       dazu geführt, dass andere Sitzblockierer den Platz verlassen“, begründete
       Polizeisprecher Stefan Redlich den Strategiewechsel. Eine Massenräumung
       wegen 140 rechter Demonstranten wäre unangemessen gewesen.
       
       Die Flüchtlinge in dem Heim verfolgten das Geschehen von ihren Fenstern aus
       genau. Einige hatten sich im Hof versammelt und diskutierten. Hinter dem
       Hof sollte eigentlich die Naziroute vorbeiführen. Ein Wachmann bedankte
       sich bei Demonstranten, dass es dazu nicht kam. Piratenfraktionschef Oliver
       Höfinghoff freute sich, „dass so viele Menschen gekommen und die
       angemeldete Route der Nazis verhindert haben.“ Bianca Klose von der Mobilen
       Beratung gegen rechts sprach von einem „Erfolg für die Zivilgesellschaft.“
       
       Viele Hellersdorfer Anwohner beobachteten Protest und Gegenproteste mit
       gemischten Gefühlen. Einige ärgerten sich einfach über die gesperrten
       Straßen und den Lärm. Ein Mann wetterte, dass seiner Meinung nach ein
       „Ausländerheim“ in einem Wohngebiet nichts zu suchen habe. Eine Rentnerin
       hingegen freute sich über die vielen Menschen, die sich der NPD in den Weg
       gestellt hatten.
       
       Nachdem die Rechten von der Polizei die wenigen Schritte zur U-Bahn-Station
       zurück eskortiert wurden, meldete NPD-Landeschef Sebastian Schmidte eine
       Demo zur Nachbarstation Kaulsdorf-Nord an. Mehrfach kam es von
       Gegendemonstranten zu erneuten Sitzblockaden. Diesmal ließ die Polizei rund
       100 Menschen räumen. Laut Polizei wurden am ganzen Tag 21
       Gegendemonstranten und zwei Mitglieder der rechten Szene festgenommen, fünf
       Beamte seien verletzt worden.
       
       27 Oct 2013
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Marina Mai
       
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