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       # taz.de -- Frauenaktion in Saudi-Arabien: „Werk des Teufels“
       
       > Die Polizei ist alarmiert, das Innenministerium gibt eine Warnung nach
       > der nächsten raus: An diesem Samstag wollen Frauen in Saudi-Arabien Auto
       > fahren.
       
   IMG Bild: Sie hatte es gewagt und das gab Ärger: Manal al-Scharif 2011 in Saudi-Arabien.
       
       RIAD/ISTANBUL dpa | „Das ist ein Werk des Teufels und der Amerikaner“,
       wettern konservative Religionsgelehrte. Das Innenministerium wittert sogar
       eine Gefahr für die „Sicherheit und Stabilität“ des Landes. In
       Saudi-Arabien sind fünf verschiedene Organe der Sicherheitskräfte und der
       Religionspolizei in Alarmbereitschaft versetzt worden.
       
       Droht dem islamischen Königreich etwa eine Invasion? Nein, der Grund für
       die Aufgeregtheit ist – zumindest auf den ersten Blick – ganz harmlos. Eine
       Gruppe von Frauenrechtlerinnen hat diesen Samstag zum Aktionstag gegen das
       Frauenfahrverbot erklärt. Sie wollen in verschiedenen Städten Auto fahren
       und Demonstrationen organisieren.
       
       Alleine schon die Ankündigung lässt das Königreich in seinen Grundfesten
       erzittern. Daran ändern auch die Beteuerungen der Feministinnen nichts, die
       mit ihrer Kampagne nach eigener Aussage keine politischen Ziele verfolgen.
       Die Frauen haben sich sogar extra einen Slogan ausgedacht, in dem sie
       Respekt für ihre konservativen Widersacher ausdrücken: „Das Autofahren der
       Frau ist eine Option und keine Verpflichtung.“
       
       Mit anderen Worten: Frauen, die auch in Zukunft nicht selbst fahren wollen,
       können sich weiterhin von einem männlichen Familienmitglied oder einem
       Chauffeur herumkutschieren lassen. Das Logo der Kampagne ist
       selbstironisch-lustig. Es zeigt ein Lenkrad, über dem ein Paar schwarz
       umrandete Augen zu sehen sind – eine Muslimin mit Gesichtsschleier.
       
       ## Negative Folgen für die Eierstöcke
       
       Doch die islamisch-konservativen Hardliner sind der Meinung, der Platz der
       Frau sei ausschließlich am heimischen Herd. Sollten sich die Frauen ohne
       männliche Kontrolle von dort wegbewegen können, würde dies ihrer Ansicht
       nach der Unmoral Tür und Tor öffnen. Eher eine skurrile Randnotiz ist das
       Argument eines Islam-Gelehrten, der kürzlich behauptet hatte, das Lenken
       von Fahrzeugen wirke sich negativ auf die Eierstöcke aus.
       
       Saudi-Arabien ist das einzige Land der Welt, das Frauen das Autofahren
       verbietet. Anders als in vielen anderen islamischen Ländern, hat jede
       saudische Frau einen männlichen „Vormund“, der in rechtlichen und vielen
       geschäftlichen Angelegenheiten für sie zuständig ist – in der Regel ist das
       der Vater, der Ehemann oder ein Bruder.
       
       Mansur al-Schakra, der Sprecher der Verkehrsbehörde der Ost-Provinz, hat
       nun gewarnt, nicht nur jede Frau, die am Samstag hinter dem Steuer erwischt
       werde, müsse mit einer Anzeige rechnen, sondern auch ihr „[1][Vormund]“.
       Ebenfalls belangt werde jeder Mann, der einer Frau sein Auto zur Verfügung
       stelle. Das Innenministerium kündigte am Mittwoch an, man werde mit Härte
       gegen jeden vorgehen, der „kranken Träumen nachhängt“ oder „die
       Gesellschaft spalten will“.
       
       Der Sprecher des Innenministeriums, Mansur al-Turki, sagte der Zeitung
       Al-Hayat, auch jeder Bürger, der Frauen über soziale Netzwerke wie Twitter
       dazu auffordere, an diesem Samstag gegen das Verbot zu demonstrieren oder
       sich ans Steuer zu setzen, müsse mit einer Bestrafung rechnen.
       
       Damit reagierte die Regierung auf die Kritik der Islam-Gelehrten. Denn am
       Dienstag waren vor dem Sommerpalast von König Abdullah in Dschidda
       plötzlich 150 Religionsgelehrte aufgetaucht, um sich über das Schweigen der
       Behörden zu den Appellen der aufmüpfigen Frauen zu beschweren.
       
       ## Es gibt keinen öffentlichen Nahverkehr
       
       Die Aktivistinnen ließen sich davon allerdings nicht einschüchtern.
       Ludschain al-Hathlul veröffentlichte am Mittwoch ein Video, das sie in der
       Hauptstadt Riad auf dem Weg vom Flughafen nach Hause zeigt. Die junge Frau
       steuert lachend den Wagen. Ihr Vater sitzt auf dem Beifahrersitz und filmt.
       
       Da es in dem reichen Wüstenstaat keinen vernünftigen öffentlichen
       Personennahverkehr gibt, macht das Fahrverbot den Alltag für Frauen
       kompliziert, die aktiv am Leben teilnehmen wollen. Frühere Versuche von
       Frauenrechtlerinnen, das Verbot zu kippen, schlugen fehl.
       
       Internationale Schlagzeilen machte im Frühjahr 2011 die Software-Beraterin
       Manal al-Scharif. Nachdem die junge Mutter Videos, die sie am Steuer eines
       Autos zeigen, im Internet veröffentlicht hatte, [2][fassten einige Frauen
       den Mut, es ihr gleichzutun]. Doch dann wurde Al-Scharif in Dammam für neun
       Tage in Haft genommen. Ihre Kampagne „Women2Drive“ fand danach ein jähes
       Ende.
       
       25 Oct 2013
       
       ## LINKS
       
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       ## AUTOREN
       
   DIR Anne-Beatrice Clasmann
       
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