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       # taz.de -- Hannelore Elsner: Die Frau mit dem Diven-Gesicht
       
       > Sie ist brilliant und affektiert, selbstverliebt und schillernd:
       > Hannelore Elsner ist die letzte Diva des deutschen Films. Trotzdem dreht
       > sie auch Seifenware.
       
   IMG Bild: Man kann ihren Namen plus Diva googeln und kommt auf sieben Millionen Treffer: Hannelore Elsner.
       
       Filmdiven, so heißt es, sind rar geworden. Früher war die Leinwand voll
       davon: Das Hollywooddreigestirn Monroe, Taylor, Hayworth, das italienische
       Lollobrigida, Cardinale und Loren, meist nur mit bestimmtem Artikel zu
       haben – wie „die“ Garbo. Selbst in Deutschland trugen einige den Titel
       zwischen Abscheu und Ehrfurcht: Dietrich, Knef, Lichtgestalten mit kühler
       Grandezza. Aber heute?
       
       Bleibt eigentlich nur eine, die alles erfüllt; die brillant ist und
       affektiert, selbstverliebt und schillernd: Hannelore Elsner. Man kann den
       Namen plus Diva googeln und kommt auf sieben Millionen Treffer.
       
       Anschaulicher indes ist der konfrontative Feldversuch: ein Interview im
       Luxushotel. Da ist Elsner zu Hause, da zeigt sie ihr Diven-Gesicht. „Ciao,
       meine Liebe, Ciao“, haucht sie irgendwem vorm Beginn des Gesprächs über
       ihren neuen Film hinterher. Fährt mit großer Geste durchs wallende Haar,
       als sie mit „Also bitte!“ nach der ersten Frage verlangt – und sich
       zugleich die nach der Liebe im Alter verbittet. Und das, obwohl sie heute
       hier ist, um über ein Melodram voller Seventysomethings, das „Liebe am
       Fjord“ heißt, zu plaudern.
       
       Plötzlich sagt sie halblaut: „Das stört mich!“ Es stört sie, dass am
       Nebentisch leise gewispert wird. Es folgt in Richtung der anderen Gäste ein
       gnädiges „Verzeihung“, das irgendwo zwischen Entschuldigung und
       Das-muss-jetzt-sein liegt, gefolgt von „Tut mir leid“ zum Interviewer und
       ein an sich selbst gerichtetes: „Meine Nerven!“
       
       ## 42-Jahrgang im Körper einer 42-Jährigen
       
       Ja, die Nerven. Die liegen oft blank, wenn der 42er-Jahrgang im Körper
       einer 42-Jährigen Audienz hält. Dann verlässt zum Beispiel beim Promotermin
       zum ARD-Porträt „Deutschland, deine Künstler“ Ende letzten Jahres erst eine
       Reporterin, dann der Redakteur, letztlich die Elsner selbst unter Tränen
       den Raum. Worauf es im Gruppengespräch weitergeht, bei dem die Antworten
       zwischen „unerhört!“ und „mir egal!“ schwanken. Oder sie schleudert
       angesichts unbotmäßiger Fragen zu „Mein Herz in Chile“ 2008 ein
       Empörungsgewitter von „respektlos“ über „unfreundlich“ bis „verkommen“
       durch die Nobelsuite, weil man es wagte, frühe Paukerfilme auch nur
       anzusprechen. Heute bürstet sie jede Kritik an der süffigen Fjordliebe
       vehement ab.
       
       Warum muss diese famose Schauspielerin so um sich schlagen, sobald es um
       ein paar ungeliebte Aspekte ihrer Arbeit samt der Person dahinter geht?
       Nach ein wenig arglosem Heimatkino hat ihre Karriere schließlich als viel
       gelobtes Starlet in Will Trempers „Die unendliche Nacht“ Fahrt aufgenommen,
       bevor sie unter Edgar Reitz und István Szabó zur Charakterdarstellerin
       reifte.
       
       Danach gab es zwar eine Weile eher charakterschwache Rollen à la „Willi
       wird das Kind schon schaukeln“ oder als minirockbewaffnete TV-Kommissarin
       Lea Sommer; 2002 jedoch feierte Hannelore Elsner ein furioses Comeback als
       „Die Unberührbare“, gefolgt von wunderbaren Werken: „Alles auf Zucker“,
       „Nicht alle waren Mörder“ oder „Kirschblüten – Hanami“.
       
       „Ich muss mich für nichts schämen, was ich mit 24 gemacht habe“ ist so ein
       eifernder Satz zu vielem, was davor lag. Und doch hat man dauernd das
       Gefühl, jene 30 ihrer 50 Jahre vor der Kamera, die sie eher aufs
       Traumschiff als zu Doris Dörrie führten, bereiteten ihr Höllenqualen „Das
       ist ja fast Geschichtsverfälschung“, blafft sie jede Frage zu schlechten
       Filmen nieder und verweist auf alte Bühnenerfolge und eine Goldene Kamera.
       Wer den banalsten aller Filmpreise so hervorhebt, trägt offenbar schwer an
       einem Schicksal, das Hannelore Elsner mit Karin Dor teilt: ein bisschen zu
       dunkel für den blond durchsetzten Heimatfilm, wurde sie lange Zeit
       vornehmlich als exotische Schönheit besetzt.
       
       Im Alter nun hat sie sich – was dieses Metier den wenigsten Frauen vergönnt
       – durchgebissen. So präsent in Film und Fernsehen ist sie, dass selbst
       Seifenware wie „Liebe am Fjord“ ihrem Ruf nichts anhat. Es wäre also Zeit
       für mehr Großmut im Umgang mit sich und anderen.
       
       25 Oct 2013
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Jan Freitag
       
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