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       # taz.de -- Kritik an Onlinewährung Bitcoin: Geld ohne Bank und Regierung
       
       > Bitcoins sind in Verruf geraten: Als Währung von Drogenhändlern und
       > Passfälschern. Doch mit ihr kann man auch Tee kaufen oder für die AWO
       > spenden.
       
   IMG Bild: Bitcoins gibt es auch als Münzen, entscheidend ist aber der Zahlencode.
       
       BERLIN taz | Es gibt sie tatsächlich auch als Münzen. Zum Beispiel in
       Messing, mit einem dicken B vorne drauf, durch das – angelehnt an das
       Dollar-Zeichen – zwei senkrechte Balken laufen. „1 Bitcoin“ steht unten auf
       der Münze und darüber „Vires in Numeris“. Stärke in Zahlen. Die Münzen sind
       ein Symbol. Sie sollen etwas Digitales plastisch machen: Eine Währung, die
       sich sonst in den schwarz-weiß gemusterten QR-Codes, kryptischen
       Zeichenfolgen und Diskussionen um Hackerangriffe ausdrückt, wird anfassbar.
       
       Bei Cassandra Wintgens geht es ganz ohne Münzen. Die Gastronomin betreibt
       seit drei Jahren eine kleine Pension mit angeschlossenem Café im Berliner
       Stadtteil Kreuzberg. Weiße Wände, helle Möbel mit Deko in Rot und Grün, an
       der Wand ein Käselaib als Reminiszenz an ihre niederländische Herkunft.
       
       Wenn Kunden bei Wintgens in Bitcoins zahlen wollen, holt sie aus der Kasse
       einen ausgedruckten QR-Code, den Nachfolger des Barcode. Der Kunde scannt
       den quadratischen Code mit seinem Smartphone, gibt den Betrag ein und
       überweist so das Geld von seinem digitalen Portemonnaie auf das von
       Wintgens. „Wir haben einen Stamm von 25 festen Kunden, die mit Bitcoins
       zahlen“, sagt Wintgens. Vor allem Gäste, die regelmäßig ins Café kommen,
       würden sie nutzen – und internationale Übernachtungsgäste.
       
       Dennoch ist von Bitcoins meist nur in kompromittierenden oder zumindest
       zweifelhaften Zusammenhängen die Rede. Im April stürzte der Kurs nach einem
       Hack plötzlich ab. Im August wurde bekannt, dass die Finanzaufsicht des
       Bundesstaates New York ermittelt, wegen einer möglichen Gefahr für die
       nationale Sicherheit. Anfang Oktober nahmen US-Fahnder den mutmaßlichen
       Betreiber des Onlinemarktplatzes Silk Road fest, auf dem unter anderem
       Drogen, verschreibungspflichtige Medikamente oder falsche Pässe gehandelt
       wurden. Mit Bitcoins.
       
       ## „Neues wird skeptisch betrachtet“
       
       Jörg von Minckwitz kennt die Vorbehalte. Der BWL-Student ist Gründer der
       Unternehmensberatung Bitcoins Berlin. Das berät Unternehmen und Nutzer, die
       mit Bitcoins arbeiten möchten. Und die meisten neuen Kunden fragen ganz am
       Anfang nach zwei Sachen: der Sicherheit der Währung. Und dem zweifelhaften
       Image, Drogenhandel, Geldwäsche und so.
       
       „Es ist ganz normal, dass Neues erst einmal skeptisch betrachtet wird,
       gerade, wenn es gegen Staat und Monopole geht“, sagt von Minckwitz. Bei
       Bitcoins, so erklären es die Verfechter gerne, geht es vor allem um ein
       Monopol: das der Banken. Die mit den Kunden und mit deren Geld selbst Geld
       verdienen.
       
       „Bei Bitcoins gibt es keine Dritten, die daran mitverdienen“, sagt von
       Minckwitz. Kein Kreditkarteninstitut, kein Paypal, das per Transaktion
       kassiert. Auch wenn der Kunde davon direkt nichts mitbekommt – indirekt
       legt der Händler die Mehrkosten für solche Dienste auf die
       Verbraucherpreise um.
       
       Doch wenn Unternehmen ihren Kunden anbieten, in Bitcoins zu zahlen, geht es
       nicht nur um Geschwindigkeit und Kosten. „Unternehmen können damit auch
       neue Käuferschichten erschließen“, sagt von Minckwitz. So wirke etwa ein
       Unternehmen mit konservativem Image moderner, wenn es Bitcoins akzeptiert.
       
       ## Ein bisschen „anarchistisch“
       
       Das mit dem Käuferschichten hat auch Markus Qreini gemerkt. Er betreibt
       einen Onlineshop, verkauft Gewürze, Tee, Öle. Seit er Bitcoins annimmt,
       seien merkbar mehr Bestellungen eingegangen, gerade aus dem Ausland.
       
       Bei Spenden allerdings funktioniert das gar nicht. Auch wenn die AWO
       Sandhausen seit einem Jahr Bitcoins als Spenden akzeptiert – die Einnahmen
       dadurch liegen bislang bei 0,00 Bitcoins.
       
       „Das Faszinosum an Bitcoins ist die die Tatsache, dass es keine Zentralbank
       gibt“, sagt Raul Rojas, Professor für Künstliche Intelligenz an der Freien
       Universität Berlin. „Alle bisherige Arten von Tauschgeld waren regional
       beschränkt, materiell – nicht so bei Bitcoins.“ Er bezeichnet die Währung
       als „Peer-to-peer-Geld“. Eine Währung, die von Bürgern selbst initiiert ist
       und ohne Regierung auskommt. Cassandra Wintgens sieht es so: „Bitcoins sind
       ein bisschen anarchistisch angehaucht.“ Und sprächen auch eine bestimmte,
       internetaffine Zielgruppe an.
       
       Dazu kommt das Argument mit der Überwachung: Wer Bitcoins nutzt, muss zwar
       einiges an Aufwand betreiben, um anonym unterwegs zu sein, hinterlässt aber
       auch schon bei der normalen Nutzung deutlich weniger Spuren als jemand, der
       mit Kreditkarte zahlt. In Zeiten, in denen das Datensammeln von Unternehmen
       und die Überwachung durch Geheimdienste in der Kritik steht, ist das nicht
       unwichtig.
       
       ## Schwankende Börsenkurse
       
       Die Nachteile: Um eine Zahlung abzuschließen, braucht man Internet; gibt es
       keine Verbindung oder ist der Akku leer, sieht es schlecht aus. Und dann
       natürlich die Kursschwankungen. „Der Preis in den Tauschbörsen schwankt
       sehr stark, da nur ein kleiner Bruchteil der Bitcoins verwendet wird“,
       erklärt Rojas. Angebot und Nachfrage gingen stets auseinander. Doch die
       Schwankungen ließen sich nur mit einer Zentralbank vermeiden – und das wäre
       das Ende der Bitcoin-Idee.
       
       Für Wintgens sind die Schwankungen noch egal. Solange sie nur einen
       Bruchteil ihrer Einnahmen in der digitalen Währung erhält, kann sie auch
       ein Kurssturz wie im April nicht schwer treffen. Dass Bitcoins eines Tages
       das Bargeld als Zahlung für den schnellen Kaffee ablösen werden, glauben
       weder Wintgens noch von Minckwitz.
       
       „Im Offlinehandel ist Bargeld immer noch schneller“, erklärt er. Schneller
       im Sinne von: Es kostet weniger Zeit, einen Geldschein auf den Tisch zu
       legen, als die Transaktion online ins System einzubuchen. Doch was den
       Onlinehandel angeht, glaubt er, dass das Zahlen per Bitcoin es in den
       kommenden Jahren aus der Nischenecke herausschafft.
       
       23 Oct 2013
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Svenja Bergt
       
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