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       # taz.de -- Bundeswehr und Kampfdrohnen: Deutschlands volle Drohnung
       
       > Kann die deutsche Gesellschaft der Bundeswehr die Forderung nach
       > Kampfdrohnen verwehren? Nein. Zumindest solange es keinen Widerstand
       > gibt.
       
   IMG Bild: Verbreitet zumindetst Alliterationsschrecken: die deutsche Drohne.
       
       Das kommt bei Führungskräften der Bundeswehr nicht so häufig vor: Jörg
       Vollmer traut sich etwas. [1][Der Bericht von Amnesty International] über
       die Gräuel, die US-Kampfdrohnen in Pakistan anrichten, ist noch frisch –
       und der Generalmajor verlangt Kampfdrohnen für Afghanistan. Mit den
       unbewaffneten Heron-Drohnen könne die Bundeswehr derzeit nur zuschauen,
       wenn etwas passiert, sagt er. „Mit der bewaffneten Drohne können wir
       zeitgerecht reagieren.“
       
       Mit dieser Forderung gewinnt die Bundeswehr keine Sympathiepunkte. Doch
       Vollmer möchte die kommende Bundesregierung daran erinnern, dass der
       Bundeswehr die Kampfdrohne versprochen wurde. Dieses Versprechen will er
       sich nicht von den Amerikanern verderben lassen. Wenn die USA Zivilisten in
       aller Welt bombardieren, so lautet das Argument der Bundeswehr, ist das
       nicht unser Bier. Wir wollen für unsere völkerrechtlich abgesegneten
       Einsätze die leistungsfähigsten Waffen am Markt.
       
       Vollmer hat Recht. Er hat aus der Perspektive der Bundeswehr Recht. Die
       Bundeswehr in Afghanistan hat schon mehrfach Unterstützung von US-Kampfjets
       wie von US-Kampfdrohnen in Anspruch nehmen müssen. Warum Zeit verlieren und
       die Amis herbeibitten, wenn man mit dem passenden Gerät schneller selbst
       handeln könnte?
       
       Der Wunsch nach der Kampfdrohne für Afghanistan hat auch aufklärerischen
       Kollateralnutzen. Denn darin steckt das Eingeständnis, dass die Lage dort
       nicht so pittoresk ist, dass Nato-plus-Freunde jetzt getrost ihre
       Köfferchen packen könnten. Es wird offensichtlich, dass die Bundeswehr es
       beschämend findet, sich von den Amerikanern raushauen zu lassen, nur damit
       der deutsche Verteidigungsminister keine unangenehmen Pressekonferenzen
       geben muss.
       
       ## „Nato schaffen ohne Waffen“
       
       Doch unabhängig von den heillosen Unehrlichkeiten des Afghanistaneinsatzes
       wirft die Kampfdrohne die Frage auf, welche Waffen der Staat der Bundeswehr
       vorenthalten sollte. Keine Waffe ist ethisch neutral. Aber steht die
       Kampfdrohne auf einer Stufe mit Atombomben, Minen oder Gasgranaten? So
       wahllos und heimtückisch tötet sie nicht. Sonst müsste man auch U-Boote mit
       Torpedos und bemannte Flugzeuge mit Bomben einmotten. Was natürlich möglich
       ist, aber dazu wäre die Debatte in Richtung „Nato schaffen ohne Waffen“ zu
       führen.
       
       Es gab im Juni eine Pressekonferenz mit dem katholischen Militärbischof
       Franz-Josef Overbeck, auf der dieser zum Thema befragt wurde. Seine
       sprachlichen Verrenkungen grenzten an Slapstick. Doch bezeichneten sie das
       Dilemma derer, die der Öffentlichkeit eine ethische Einordnung der
       Kampfdrohne liefern sollen: „Ich werde mich nicht dazu hinreißen lassen zu
       sagen, man kann sie nicht benutzen“, stieß er schließlich hervor.
       
       Das stärkste Argument gegen die Kampfdrohne ist nicht, dass sie
       ferngesteuert ist, und nicht, dass die US-Amerikaner damit das Völkerrecht
       brechen, und auch nicht, dass sie unterschiedslos tötet. Das besonders
       Schreckliche an der Kampfdrohne ist die Vorstellung einer Rüstungsspirale
       neuen Typs. Fliegende, ferngesteuerte wie autonome Bomben aller Art würden
       von Kriegsfürsten aller Art rings um den Globus geschickt, immer neue
       Abwehrsysteme müssten her. Viele Rüstungsexperten erklären dies für
       Science-Fiction. Andere, gerade auch Drohnenbastler, haben bereits den
       Aufruf für [2][einen Bann von Roboterwaffen unterschrieben.] 
       
       Doch ist das Szenario wohl zu abstrakt, um damit eine auch nur im Ansatz
       erfolgreiche konkrete Kampagne für das weltweite Verbot von Kampfdrohnen zu
       bestreiten. Wenn die deutsche Gesellschaft hierfür aber nicht den Willen
       aufbringt, kann sie der Bundeswehr die Kampfdrohne kaum verweigern.
       
       Für die nun kommenden Entscheidungsträger gibt’s dabei einen Trost: Der
       noch amtierende Verteidigungsminister Thomas de Maizière gab erst
       vergangenen Freitag zu, dass das Problem mit der Drohnenzulassung im
       deutschen und auch europäischen Luftraum noch lange, lange nicht gelöst
       ist. Dies betreffe nicht nur den vermaledeiten Euro Hawk, sondern auch die
       Kampfdrohne. Das verschafft Zeit.
       
       23 Oct 2013
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] http://www.amnesty.de/2013/10/22/amnesty-usa-verletzen-voelkerrecht-bei-drohneneinsatz-pakistan?destination=startseite
   DIR [2] http://www.stopkillerrobots.org
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Ulrike Winkelmann
       
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