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       # taz.de -- Personalpolitik beim NDR: Der nette Herr Beckmann
       
       > NDR-Programmdirektor Frank Beckmann hat einen Skandal aus Kika-Zeiten an
       > der Backe. Sein Vertrag wurde nun dennoch verlängert. Warum?
       
   IMG Bild: Freundlich ist er, aber auch sauber?
       
       HAMBURG taz | Das vergangene Wochenende verlief eher unschön für
       NDR-Programmdirektor Frank Beckmann: Der Spiegel brachte vorab die
       Nachricht von drei eidesstattlichen Versicherungen, mit denen Marco K., der
       2011 zu sechs Jahren und drei Monaten verurteilte Exherstellungsleiter des
       Kinderkanals, seinen früheren Vorgesetzten, den langjährigen
       Kika-Geschäftsführer Beckmann, belastete.
       
       Dieser sei daran beteiligt gewesen, „festgelegte Regularien“ zu umgehen,
       sagt K., der den Kinderkanal durch Betrug um 8,2 Millionen Euro geschädigt
       hat. Was dessen Versicherungen wert sind, ist derzeit unklar. Dass sie an
       die Öffentlichkeit gelangten, kurz nachdem der Verwaltungsrat des NDR den
       Programmdirektorenvertrag mit Beckmann einstimmig um fünf Jahre verlängert
       hatte, verleiht ihnen aber eine besondere Wirkung.
       
       Auf einer Konferenz am Montagmorgen beim NDR hielt der wieder mal wegen
       vermeintlicher Altlasten in die Schusslinie geratene Beckmann dann eine
       Rede, die auch jene beeindruckte, die nicht zu seinen Anhängern zählen. Um
       seine Person ging es aber überhaupt nicht. Der Anlass der Zusammenkunft war
       der denkbar schlimmste: der Tod einer Redakteurin.
       
       Dass Beckmann in so einer Situation die bestmöglichen Worte findet, passt
       zu dem Bild, das Redakteure von ihm zeichnen. Beckmann gilt als nahbar und
       freundlich im Umgang – was für öffentlich-rechtliche Führungskräfte
       keineswegs selbstverständlich ist. Eine Lobby unter den Redakteuren hat er
       sich während seiner Amtszeit dennoch nicht aufbauen können.
       
       Dafür hat er eine im Verwaltungsrat: Keiner der zwölf Kontrolleure kann
       sich offenbar einen besseren Programmdirektor vorstellen. Dass „das NDR
       Fernsehen seit Jahren sehr erfolgreich ist“, sei „vor allem Frank Beckmanns
       Verdienst“, teilt Ulf Birch, Pressesprecher des Ver.di-Landesbezirks
       Niedersachsen-Bremen und Vorsitzender des Verwaltungsrats, mit. „Von seinem
       großen Engagement für das Fernsehen profitiert der ganze NDR.“
       
       ## Mit Innovation erfolgreich
       
       Solche verbalen Geigenklänge wecken stets Argwohn, doch tatsächlich ist das
       NDR Fernsehen mit 8,1 Prozent Marktanteil im Sendegebiet nach dem MDR das
       erfolgreichste dritte Programm – wobei der NDR im Vergleich zum Vorjahr
       stärker zugelegt hat als die anderen ARD-Anstalten. Und der Erfolg beruht
       keineswegs nur auf den für sämtliche Dritten so typischen Sendungen für
       Seniorenheimbewohner.
       
       In Beckmanns Amtszeit entstanden etwa die Dokureihe „45 Min“ und der
       Politmagazinableger „Panorama 3“. Außerdem ist unter seiner Ägide beim NDR
       das „Team Recherche“ entstanden, eine redaktionsübergreifend arbeitende
       Gruppe, die bei größeren Themen mit der Süddeutschen Zeitung kooperiert.
       
       Eingeschossen haben sich auf Beckmann deshalb eher Glaubenskrieger, die das
       öffentlich-rechtliche System als das Sodom und Gomorrha unserer Tage
       verkaufen. Das hat auch mit den Kosten zu tun, die bei seiner
       Verabschiedung im Rahmen des Kika-Sommerfests 2008 in Erfurt entstanden und
       die ihm die Ermittlungen wegen des Verdachts auf Untreue einbrachten.
       
       Gegen die Zahlung von 30.000 Euro hat die Staatsanwaltschaft Erfurt das
       Verfahren eingestellt. Wäre das nicht passiert, wäre seine Wiederwahl kaum
       möglich gewesen. Ob das „mittlerweile eingestellte Ermittlungsverfahren
       einer erneuten Berufung entgegenstehen könnte, hat der Verwaltungsrat
       geprüft“, sagt Birch.
       
       30.000 Euro dürften für Familie Beckmann allerdings kein kleiner Brocken
       sein. Der Vergleich mag hergeholt klingen, aber Exbundespräsident Wulff hat
       im Frühjahr den Deal ausgeschlagen, gegen die Zahlung von 20.000 Euro das
       Verfahren gegen ihn einzustellen.
       
       23 Oct 2013
       
       ## AUTOREN
       
   DIR René Martens
       
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