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       # taz.de -- Erdölförderung vor Brasiliens Küste: Shell, Total und China beuten mit aus
       
       > Die brasilianische Regierung feiert die Versteigerung von
       > Offshore-Ölreserven als großen Erfolg. Die Gewerkschaften sprechen
       > dagegen von Ausverkauf.
       
   IMG Bild: Polizisten schützten die Strandhotelanlage, in der die Auktion am Montag stattfand.
       
       RIO DE JANEIRO taz | Shell, Total sowie die zwei chinesischen
       Staatskonzerne CNPC und CNOOC werden gemeinsam mit der halbstaatlichen
       Petrobras das Tiefsee-Erdöl vor der brasilianischen Küste ausbeuten. Das
       Konsortium gewann am Montag die mit Spannung erwartete Auktion der
       Förderrechte. Erstmals hatte Brasilien ein Öl-Feld im sogenannten Pré-Sal
       zur Versteigerung ausgeschrieben. „Libra“ liegt knapp 200 Kilometer vor Rio
       de Janeiro, rund 6.000 Meter unter dem Meeresspiegel, verborgen hinter
       einer dicken Salzschicht.
       
       Die Förderung ist eine technische Herausforderung, verbunden mit großen
       ökologischen Risiken. Noch ist nicht geklärt, ob die dort unten vermuteten,
       fast 12 Millionen Barril Rohöl wirklich ans Tageslicht kommen werden. Die
       Aufnahme der Produktion erfordert riesige Investitionen und wird erst für
       2019 erwartet. Das Libra-Vorkommen bedeutet eine enorme Erhöhung der
       Erdöl-Reserven Brasiliens, das bereits jetzt nach Venezuela der zweitgrößte
       Ölproduzent Lateinamerikas ist. Sollte alles nach Plan laufen, werden bald
       weitere Pré-Sal-Reserven unter den Hammer kommen.
       
       Dass lediglich ein Konsortium bei der Auktion in Rio de Janeiro mitmachte
       und für sein Mindestgebot den Zuschlag bekam, bremste den Enthusiasmus der
       brasilianischen Regierung nicht. Die erfolgreiche Versteigerung sei „ein
       Meilenstein in der Geschichte Brasiliens,“ so Präsidentin Dilma Rousseff.
       Die erwarteten Staatseinnahmen würden eine Revolution und mehr Wohlstand
       mit sich bringen.
       
       ## 30 Prozent Mindestbeteiligung für Petrobras
       
       Laut Energieminister Edison Lobão wird Brasilien durch Royalties, Steuern
       und den Einbehalt einer festgelegten Quote des geförderten Öls über 70
       Prozent des Gesamtgewinns aus „Libra“ für sich behalten. Zudem werde das
       Konsortium eine Bonuszahlung von umgerechnet fünf Millionen Euro für den 35
       Jahre währenden Fördervertrag zahlen.
       
       Grundlage dieser Berechnung sind neue Richtlinien für die Versteigerung von
       Förderlizenzen, die dem Staat mehr Teilhabe am Geschäft und der Petrobras
       eine Mindestbeteiligung von 30 Prozent zusichert. Insgesamt erwartet
       Brasilien über 350 Milliarden US-Dollar Mehreinnahmen durch die Ausbeutung
       von „Libra“.
       
       Die Gewerkschaften der Ölarbeiter und Kritiker aus Reihen der Kampagne „Das
       Öl gehört uns“ halten das für Schönmalerei. Für sie ist die Versteigerung
       eine Privatisierung der wichtigsten brasilianischen Bodenschätze, deren
       Ausbeutung „nicht nach Gewinnmaßstäben, sondern entsprechend ökologischer
       Vernunft und sozialen Bedürfnissen vonstatten“ gehen sollte, argumentierte
       Sindipetro-Direktor Edison Munhoz gegenüber der taz. Statt die Förderung
       mit ausländischem Kapital schnell voranzutreiben, sollten die Öleinnahmen
       zu Hundert Prozent in Brasilien bleiben und langfristig essentielle
       Bereiche wie Gesundheit und Bildung finanzieren, so Munhoz.
       
       Bereits seit Donnerstag streiken Ölarbeiter gegen die Versteigerung und
       begannen am Montag, landesweit Raffinerien und Häfen zu blockieren. Die
       Protestveranstaltung vor dem Auktionsort geriet zu einer Straßenschlacht
       mit Polizisten und Soldaten, die das Gelände im Küstenstadtteil Barra da
       Tijuca weiträumig abschirmten. Zahlreiche Demonstranten wurden von
       Gummigeschossen verletzt. Die Strandbesucher, die wenige Meter weiter in
       der Sonne lagen, ließen sich allerdings kaum aus der Ruhe bringen.
       
       22 Oct 2013
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Andreas Behn
       
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