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       # taz.de -- Kommentar Britischer AKW-Neubau: Ein Reaktor als Bankrotterklärung
       
       > Die Entscheidung der Briten für neue Meiler ist kein Sieg für die
       > Atomwirtschaft, sondern das endgültige Eingeständnis ihrer Niederlage.
       
   IMG Bild: Leicht abgegriffen: Bedienungsknöpfe in der Turbinenhalle des seit 1976 existierenden AKW Hinkley Point B
       
       Es klingt nach einer guten Nachricht für die Atomwirtschaft: Großbritannien
       gibt tatsächlich grünes Licht für den Neubau eines Atomkraftwerks –
       erstmals nach mehr als zwei Jahrzehnten. Nur zwei Jahre nach der
       Katastrophe von Fukushima, so könnte man meinen, steht die Branche auch in
       Europa vor einem Comeback.
       
       Wahr ist jedoch das Gegenteil. Die Entscheidung der Briten ist kein Sieg
       für die Atomwirtschaft, sondern das endgültige Eingeständnis ihrer
       Niederlage. Denn das Argument, Atomkraft sei preiswert, hat sich mit dem
       Deal endgültig erledigt. Der britische Staat bürgt nicht nur für einen
       Großteil der Investitionssumme, die in den neuen Reaktor von Hinkley Point
       fließt.
       
       Noch wichtiger ist der Festpreis, den es für den Atomstrom gibt: Fast elf
       Cent bekommen die Betreiber pro Kilowattstunde garantiert. Das ist nicht
       nur mehr, als die deutschen Vebraucher heute für Strom aus Windkraft und
       großen Solaranlagen zahlen.
       
       Der hohe Preis, der fortlaufend an die Inflationsrate angepasst wird, soll
       in Großbritannien auch noch für 35 Jahre gelten, während die Erneuerbaren
       in Deutschland nur 20 Jahre lang und ohne Inflationsausgleich Unterstützung
       erhalten.
       
       ## Stets teurer als geplant
       
       Insgesamt kommt die angeblich so wirtschaftliche Atomkraft die Stromkunden
       damit weit mehr als doppelt so teuer zu stehen wie Wind und Sonne. Selbst
       wenn man berücksichtigt, dass für erneuerbare Energien zunächst noch
       Reservekapazitäten bereitgehalten werden müssen, sind diese schon heute
       eindeutig billiger als Atomstrom. Und könnten noch billiger werden: Neue
       AKWs haben sich stets als teurer erwiesen als geplant, während sich die
       Produktion Erneuerbarer Energien weit günstiger entwickelte als
       prognostiziert.
       
       Es ist die offizielle Bankrotterklärung: Unter europäischen
       Sicherheitsstandards rechnet sich die Atomkraft nur mithilfe von
       Subventionen, die deutlich höher sein müssen als die Beihilfen für
       Erneuerbare. In Großbritannien versucht die Regierung zwar, die Atompläne
       mit plumpen Lügen weiter als wirtschaftlich darzustellen. Auf Dauer kann
       das aber nicht gelingen – dazu sind die Fakten zu klar.
       
       Ohne massive staatliche Interessen – sei es wegen der militärischer Nutzung
       oder wegen der Nähe zur Atomwirtschaft – werden AKWs in Europa keine
       Zukunft mehr haben. Für diesen Nachweis gebührt den Briten tiefer Dank.
       
       21 Oct 2013
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Malte Kreutzfeldt
       
       ## TAGS
       
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