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       # taz.de -- Debatte um Flüchtlingsheim: Hellersdorf lässt grüßen
       
       > Im brandenburgischen Pätz wird auf einer Versammlung über ein
       > Flüchtlingsheim informiert. Neonazis hetzen dagegen und mischen sich
       > unter die Zuhörer.
       
   IMG Bild: Rechtsradikale demonstrieren gegen ein geplantes Asylbewerberheim in Pätz.
       
       Was gegenwärtig in Pätz nahe Königs Wusterhausen passiert, erinnert an die
       Situation in Hellersdorf vor einigen Wochen. Die Verwaltung in Pätz hatte
       am Donnerstagabend zu einer Informationsversammlung über ein Heim für
       Flüchtlinge eingeladen, das bald öffnen wird. Eine Bürgerinitiative hatte
       sich da schon gebildet, die anonym auf Facebook gegen das Heim hetzt. Mit
       der berüchtigten Bürgerinitiative Marzahn-Hellersdorf, die Stimmung gegen
       das dortige Heim macht, ist sie vernetzt, auch das optische
       Erscheinungsbild ähnelt ihr sehr.
       
       ## 100 Neonazis angereist
       
       Gut 200 Bürger wurden zu der Versammlung am Donnerstag in den Saal
       gelassen; die meisten von knapp 100 aus ganz Brandenburg und Berlin
       angereisten Neonazis blieb vor dem Saal. Dort hielten sie im strömenden
       Regen eine Kundgebung ab: „Die werden die gesamte Gegend verseuchen mit den
       Leuten, die hierherkommen“, wetterte einer. Immer wieder brüllten die
       Demonstranten „Nein zum Heim!“, die lokale SPD und 60 Gegendemonstranten
       hielten dagegen.
       
       Drinnen im Saal gelang es Carsten Saß (CDU), dem Sozialdezernenten des
       Landkreises Dahme-Spreewald, der aufgeheizten Stimmung Herr zu werden. So
       konterte er Behauptungen wie „Die wohnen doch zu Hause alle in Erdlöchern“
       oder „Die sind doch alle ungebildet“ mit dem Argument, dass durchaus viele
       Akademiker unter den Flüchtlingen seien, aber nicht arbeiten dürften. Unter
       die Pätzer hatten sich zwar auch Vertreter der rechten Szene gemischt. Die
       Mehrheit der Menschen war aber besonnen und zeigte Interesse, Flüchtlingen
       etwa beim Deutschlernen zu helfen.
       
       Der Tagesspiegel berichtet, ein Mann habe gerufen, das Heim wäre besser in
       Hoyerswerda oder Rostock aufgehoben. Damit spielte er auf die Pogrome gegen
       dortige Flüchtlingsheime in den 1990er Jahren an. Zu diesem Zeitpunkt war
       der taz durch den privaten Sicherheitsdienst, der Uniformen mit
       Frakturschrift trug, der Zugang zum Saal noch verwehrt worden – ein klarer
       Verstoß gegen das Presserecht.
       
       Auf der Facebook-Seite aus Pätz steht: „Eigentlich müsste man sich am
       Wochenende treffen und gemeinsam das Haus in Pätz einreißen. So kommt
       niemand zu Schaden, und wir haben unseren Seelenfrieden wieder.“ Das
       erinnert an einem Vorfall 1992 in Dolgenbrodt, nur 15 Kilometer von Pätz
       entfernt. Dort hatten Rechte eine Baracke in Brand gesetzt, bevor
       Asylbewerber einziehen sollten.
       
       18 Oct 2013
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Marina Mai
       
       ## TAGS
       
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