URI: 
       # taz.de -- Kolumne Macht: Feuer produziert heiße Luft
       
       > Jetzt wird auch noch über die Dienstwagen deutscher Bischöfe diskutiert.
       > Als wäre das das eigentliche Problem mit der Kirche.
       
   IMG Bild: Wo ein Dienstwagen ist, ist eine Dienstwagenaffäre nicht weit.
       
       Die katholische Kirche in Deutschland braucht sich keine Sorgen mehr zu
       machen. Ist eine Diskussion erst beim Thema Dienstwagen angekommen, dann
       flammt zwar die öffentliche Empörung noch einmal hell auf, sie erlischt
       dann aber regelmäßig auch schnell. Und am Ende wurde lediglich heiße Luft
       produziert.
       
       Man könnte – und sollte – es lächerlich finden, wenn ein Sprecher von
       Ruhrbischof Franz-Josef Overbeck den Gebrauch eines geleasten VW Phaeton
       mit den langen Beinen des Geistlichen begründet. Auch die Information, dass
       der Berliner Erzbischof Rainer Maria Woelki gern Fahrrad fährt, ist
       verzichtbar. Aber die Kirche weiß schon, was sie tut, wenn sie derlei
       Albernheiten ernsthaft verkünden lässt. Keine andere Institution hat
       annähernd vergleichbar viel Erfahrung damit, wie man mit Nebelkerzen den
       Blick aufs Wesentliche verstellt.
       
       Die Affäre um den Limburger Bischof Franz-Peter Tebartz-van Elst wäre ein
       großartiger Anlass, um endlich einige grundsätzliche Themen im Verhältnis
       zwischen Kirche und Staat zu erörtern – und womöglich sogar manches zu
       ändern. Natürlich liefert der Würdenträger eine prächtige
       Klatschgeschichte, vor allem für Leute, die der Kirche fernstehen. Wer sich
       über die Häme entrüstet, legt zwar möglicherweise eine christliche
       Gesinnung an den Tag, ist jedoch nicht von dieser Welt.
       
       Derlei zu missbilligen ist ähnlich erfolgversprechend wie ein Verbot von
       Tsunamis. Aber es geht nicht nur um Tratsch. Die Angelegenheit reicht in
       ihrer Bedeutung weit über das seltsame Gebaren eines Einzelnen hinaus.
       
       ## Was ist mit der Vatikanbank?
       
       Wenn in einer öffentlichen Einrichtung jahrelang Vorgänge möglich sind wie
       jetzt in Limburg, dann stellt sich die Frage, welcher Kontrolle die
       Institution überhaupt unterliegt. Prinzipiell: Sind die großen Kirchen zu
       einem Staat im Staate geworden? Wer finanziert sie? Konkret: In welchem
       Umfang werden atheistische, muslimische oder jainistische Steuerzahler für
       christliche Kirchen zur Kasse gebeten? Wie lange lässt sich noch begründen,
       dass Entschädigungen für Enteignungen gezahlt werden, die mehr als 200
       Jahre zurückliegen? Welche gerichtsfesten Alternativen gäbe es?
       
       Bischöfe gehören zum mittleren Management eines sehr reichen Weltkonzerns.
       Dessen hauseigenes Geldinstitut, die Vatikanbank, hat jetzt erstmalig –
       erstmalig! – eine Bilanz vorgelegt und steht seit Langem im Verdacht, eine
       gute Adresse für Schwarzgeld zu sein. Die Bank verwaltet eigenen Angaben
       zufolge Vermögenswerte in Höhe von insgesamt 7,1 Milliarden Euro. Und wir
       interessieren uns für die Frage, welches Fahrzeug ein Bischof als
       Dienstwagen nutzt? Wirklich?
       
       Allerdings hat die katholische Kirche die entsprechenden Auskünfte nicht
       unerbeten erteilt, sondern sie ist danach gefragt worden. Wenig
       überraschend. Auch Medien wissen, dass die Öffentlichkeit auf keine andere
       Frage so sensibel und interessiert reagiert wie die, welche Verkehrsmittel
       vermeintlich oder tatsächlich Privilegierte benutzen dürfen.
       
       ## Empörung über Luxusgegenstände
       
       Wer Spitzenpolitiker in Schwierigkeiten bringen möchte, muss nur
       durchsickern lassen, dass der oder die Betreffende die Flugbereitschaft
       missbraucht hat. Heißa, da fragt dann niemand mehr nach Nebentätigkeiten
       wie Beraterverträgen für Großkonzerne. Oder danach, ob jemand mit interner
       Kritik unbequem geworden ist. Die ehemalige CDU-Politikerin Rita Süssmuth
       konnte davon während der Kanzlerschaft von Helmut Kohl ein Lied singen.
       
       Zugegeben: Finanzielle Verflechtungen und deren Kontrollmöglichkeiten sind
       ein kompliziertes Thema. Empörung über Luxusgegenstände, die viele gern
       hätten und wenige haben, ist dagegen kleine Münze. Aber es wäre wunderbar,
       wenn die Öffentlichkeit irgendwann bemerkte, dass ihr mit dem Thema
       Dienstwagen ein Pappkamerad hingestellt wird.
       
       Es ist nicht anzunehmen, dass alle Bischöfe künftig auf die U-Bahn
       umsteigen. Ob sie es tun, geht uns übrigens nichts an. Gar nichts. Im
       Unterschied zu der Frage, wer die Auslagen ihres Arbeitgebers begleicht.
       
       20 Oct 2013
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Bettina Gaus
       
       ## TAGS
       
   DIR Dienstwagen
   DIR Bischof Tebartz-van Elst
   DIR Empörung
   DIR Schwerpunkt Cornelius Gurlitt
   DIR Tebartz-van Elst
   DIR Papst Franziskus
   DIR Tebartz-van Elst
   DIR Tebartz-van Elst
   DIR Tebartz-van Elst
   DIR Limburg
   DIR Rot-Grün
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR Kolumne Macht: Herr Gurlitt bleibt höflich
       
       Angelina Jolie schenkt Brad Pitt eine herzförmige Insel. Der Kunstliebhaber
       Cornelius Gurlitt dagegen besinnt sich seiner Privatsphäre.
       
   DIR Vatikan-Entscheid über Tebartz-van Elst: Vertreibung aus dem Tempel
       
       Papst Franziskus verordnet dem umstrittenen Bischof eine Auszeit. Vorerst
       leitet Generalvikar Rösch die Diözese. Ob Tebartz-van Elst zurückkommt, ist
       offen.
       
   DIR Kommentar der Fall Tebartz-van Elst: Unser aller Dalai Lama
       
       Egal, was Papst Franziskus in der Causa Bischof Tebartz-van Elst
       entscheidet, er kann nur gewinnen. Überhaupt wird er dem Dalai Lama
       ähnlicher.
       
   DIR Umstrittener Limburger Bischof: Rapport in Rom
       
       Nach tagelangem Warten trifft der umstrittene Limburger Bischof am Mittag
       Papst Franziskus. Tebartz-van Elst wird Verschwendung vorgeworfen.
       
   DIR Prüfkommission bei Tebartz-van Elst: Kassensturz in Limburg
       
       Die Prüfkommission der Deutschen Bischofskonferenz schaut sich die Kasse
       von Tebartz-van Elst an. Der wartet auf eine Papst-Audienz, Erzbischof
       Zollitsch war schon dort.
       
   DIR Psyche des Limburger Bischofs: Der Bauherr Christi
       
       Das Problem des Tebatz-van Elst ist sein Selbstverständnis. Nach weltlichen
       Maßstäben mag er „psychisch krank“ sein – nach seinen eigenen eher
       „besessen“.
       
   DIR Kommentar Bischof von Limburg: Vom Bischof zum Bauernopfer
       
       Wer steckt hinter der Aufklärung über die dekadenten Umtriebe des Limburger
       Bischofs? Und wer profitiert am Ende davon? Auf jeden Fall: der Papst.
       
   DIR Teure Staatssekretäre: Immer Ärger mit dem Personal
       
       Wegen der Dienstwagenaffäre des Ex-Agrar-Staatssekretärs droht
       Niedersachsen ein Untersuchungsausschuss. Kritik gibt es an Beförderung der
       Regierungssprecherin.