# taz.de -- Kolumne Wutbürger: Sie wollen doch nur radeln!
> Junge Frauen sind eine perfide Untergruppe der Kampfradler: Kindergruppen
> und alte Leute werden rigoros weggeklingelt. Oder angefahren.
IMG Bild: Sie sitzen gerne sehr aufrecht, halten zielstrebig Kurs und haben immer Vorfahrt.
Seit Boris Becker öffentlich rumjault, Babs habe ihn geschlagen, wird das
Thema Frauen und aggressives Verhalten in den Medien als Nachricht mit
Neuigkeitswert verhandelt.
Für mich ist das nicht neu, ich fahre nämlich Fahrrad und bin jeden Tag mit
jungen Frauen konfrontiert, die aussehen, als ob sie auch für Tiere
bremsen, aber in der Realität eine besonders perfide Untergruppe der
Kampfradler bilden. Sie unterscheiden sich vom gemeinen Aggro-Radler
dadurch, dass sie überhaupt kein Gefühl für ihren aggressiven Fahrstil
haben – sie wollen doch nur radeln.
Auf ihrer Tatwaffe, dem Fahrrad, sitzen sie gerne sehr aufrecht, halten
zielstrebig Kurs und haben immer Vorfahrt. Egal wie eng der Bürgersteig
ist, den sich die Fußgänger mit den Fahrradfahrern teilen müssen, sie
halten immer voll drauf. Statt Bremsen haben sie eine große Klingel, die
sie im Dauereinsatz betreiben. Kindergruppen, Touristen, alte Leute,
eigentlich alle, die sich auf den Fahrradweg verirren, werden rigoros
weggeklingelt und im Ernstfall auch mal angefahren.
Sie rasen bei Rot über die Ampel, erschrecken Fußgänger und brettern im
Dunkeln in schwarzen Klamotten ohne Licht durch die Gegend. Sie sind auch
nie bereit, kurz anzuhalten, damit jemand ausparken kann, und überholen
einen an den engsten Stellen und gefährden sich und andere dabei. Jüngstes
Beispiel ist die junge Frau, die mit großem Schirm einhändig durch den
Regen fuhr, mich unbedingt überholen musste, dabei anrempelte, so dass ich
fast vom Fahrrad fiel und ohne Reaktion weiterfuhr.
Als ich an der nächsten Ampel frage, ob sie das Wort Rücksicht überhaupt
schon mal gehört habe, wurde sie pampig. Vehement verteidigte sie ihr
Recht, alle aus dem Weg zu räumen, die ihre Fahrt aufhalten könnten.
Nun ist es Herbst und bald treffe ich die Damen wieder in der Bahn. Ich
freue mich schon auf ihre triumphierenden Blicke, wenn sie mal wieder
schneller als die Hochschwangere waren und ihr den Sitzplatz wegschnappen
konnten.
18 Oct 2013
## AUTOREN
DIR ISABEL LOTT
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