# taz.de -- Globaler Sklaverei-Index: 30 Millionen Leibeigene
> Die Stiftung eines Milliardärs hat moderne Sklaverei in über 160 Ländern
> untersucht. Allein in Indien sind es 14 Millionen, in Deutschland rund
> 10.000.
IMG Bild: Viele Kinder in Ghana werden zum Arbeiten an Fischer verkauft.
BERLIN taz | Sie arbeiten auf dem Bau oder schuften auf Fischerbooten,
putzen im Haushalt, bedienen Freier im Bordell, schaffen in Schlachthöfen,
pflücken Baumwolle auf den Feldern ihrer Herren – rechtlos und unter oft
grausamen Bedingungen: Etwa 30 Millionen Menschen weltweit leben auch heute
noch in sklavenähnlichen Verhältnissen. Zu dieser Schätzung kommt der am
Donnerstag erstmals vorgelegte [1][Globale Sklaverei-Index] der neuen
australischen [2][Stiftung Walk Free]. Er listet 162 Staaten auf.
Danach sind die Länder mit dem – im Verhältnis zur Bevölkerung – höchsten
Anteil an Sklaven Mauretanien, Haiti und Pakistan. Absolut gesehen
allerdings leben die meisten Sklaven in Indien (14 Millionen), China (2,9
Millionen) und Pakistan (2,1 Millionen). Insgesamt verteilen sich drei
Viertel aller Menschen, die heute wie Sklaven gehalten werden, auf nur zehn
Länder.
In Europa ist die Sklaverei am verbreitetsten in Albanien (Rang 51),
Montenegro (53) sowie in Tschechien und Ungarn (beide 54). Am relativ
besten ist die Situation in Island, Irland und Großbritannien. Deutschland
findet sich nach Angaben des Berichts von Walk Free mit geschätzten 10.000
bis 11.000 Sklaven auf Rang 136.
Die absoluten Zahlen dieses ersten Index seiner Art sind höher als
bisherige Schätzungen der UNO. Deren Internationale Arbeitsorganisation
(ILO) hatte zuletzt 21 Millionen weltweit geschätzt. Ein Grund für die
jetzt höhere Zahl ist die in dem Bericht weitergefasste Definition von
Sklaverei. Walk Free zählt dazu ausdrücklich auch Schuldknechtschaft,
Zwangsheirat und Menschenhandel.
„Die Ketten der modernen Sklaverei sind nicht immer physischer Art –
manchmal sind es eskalierende Schulden, Einschüchterung, Täuschung, Angst
oder gar eine 'Heirat', die einer jungen Frau oder einem Mädchen ohne deren
Zustimmung aufgezwungen wird und was dazu genutzt wird, eine Person gegen
ihren Willen festzuhalten, ohne dass es dafür Schlösser oder Ketten
braucht“, heißt es in der Studie.
## Viele Zahlen sind nur Schätzungen
Autor ist Kevin Bales, Professor für zeitgenössische Sklaverei an der
britischen Universität Hull. Er beschäftigt sich seit Jahrzehnten mit
diesem Thema und räumt selbst ein, dass viele der Zahlen im Index nur auf
groben Schätzungen basieren.
Walk Free fordert die Regierungen auf, eigene Zahlen vorzulegen. Der Report
verweist auch auf Wege, wie die Situation verbessert werden kann. Ein
Beispiel: Die Behörden in Neuseeland setzten durch, dass alle ausländischen
Fischtrawler, die in seinen Gewässern fischen wollten, neuseeländische
Arbeitsstandards erfüllen müssen. Schiffe, auf denen Mannschaften unter
Sklavenbedingungen arbeiten müssen, meiden daher eher die Gewässer um
Neuseeland.
Gegründet haben die Stiftung Walk Free mit Sitz in Perth vergangenes Jahr
der australische Bergbaumagnat Andrew Forrest und seine Frau Nicola. Ihr
Geschäftsführer, Nick Grono, arbeitete zuvor bei der renommierten
International Crisis Group, die weltweit Krisen und Kriege analysiert.
17 Oct 2013
## LINKS
DIR [1] http://www.globalslaveryindex.org/
DIR [2] http://www.walkfree.org/
## AUTOREN
DIR Sven Hansen
## TAGS
DIR Sklaverei
DIR Sklavenarbeiter
DIR Studie
DIR Arbeitsbedingungen
DIR Ausbeutung
DIR Großbritannien
DIR Großbritannien
DIR Moderne Sklaverei
DIR Sklaverei
DIR Fußball
DIR Sklaverei
## ARTIKEL ZUM THEMA
DIR Nach der Frauenrettung in London: Wider die unsichtbare Sklaverei
Mehr Sonderermittlerteams, mehr Aufmerksamkeit von Nachbarn: Das fordern
Experten nach der Rettung von drei versklavten Frauen in London.
DIR Londoner „Sklaverei“-Fall: Verdächtige gegen Kaution frei
In einem Haus in London wurden offenbar drei Frauen wie Sklavinnen
jahrzehntelang gefangengehalten. Die Polizei hat das verdächtige Paar nun
vorerst freigelassen.
DIR Milliardär gegen Sklaverei: Der Stifter mit den Rohstoffen
Die Hälfte seines Vermögens hat er schon dem Kampf gegen globale Sklaverei
gespendet. Andrew Forrest kämpft mit seinem Geld um Aufmerksamkeit.
DIR Menschenhandel in Deutschland: Mit falschen Versprechen gelockt
In Deutschland gibt es zahlreiche Opfer von Sklaverei und Menschenhandel.
Die Konvention dagegen ist zwar unterschrieben, aber nicht umgesetzt.
DIR WM 2022 in Katar: Sklaverei für das Fußballfest
Auf den WM-Baustellen kommen etliche Gastarbeiter ums Leben, weil sie unter
grausamen Bedingungen schuften müssen. Die Fifa gibt sich besorgt.
DIR Sklaverei-Footprint: Ausbeutung durch Alltagskonsum
Mehr als 27 Millionen Menschen leben weltweit in Sklaverei. Eine Kampagne
zeigt jetzt, wieviel Ausbeutung hinter dem steckt, was wir täglich nutzen
und verbrauchen.