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       # taz.de -- Kultur in Wilhelmsburg: Eine kurze Achse
       
       > Am Samstag wird das Künstlerhaus Veringhöfe der IBA eröffnet. Zugleich
       > erteilt Senatorin Jutta Blankau der selbst organisierten
       > Soulkitchen-Halle eine Absage.
       
   IMG Bild: War früher mal eine Fabrik aus Backsteinen: Das Künstlerhaus Veringhöfe.
       
       In der Regel läuft es so, dass Künstler eine alte Gewerbeimmobilie
       entdecken, sich einmieten und die Räume kreativ umnutzen. In diesem Fall
       lief es anders: Nicht die Künstler, sondern die Behörden haben sich
       überlegt, dass aus einer ehemaligen Dichtungs- und Asbestfabrik am
       Veringkanal in Wilhelmsburg ein Atelierhaus werden soll. Strategie: Gebäude
       entkernen. Kosten: rund 4,5 Millionen Euro.
       
       Noch fahren die Bagger vor der grün-rot-weißen Fassade, die nach allen
       Regeln der Kunst wärmegedämmt wurde. Das Künstlerhaus wurde realisiert als
       Projekt der Internationalen Bauausstellung (IBA). Am Samstag werden die 44
       Ateliers eröffnet. Die Räume sind zu 85 Prozent vermietet. Für die
       verbleibenden 15 Prozent sind Bewerbungen zu richten an den Verein
       Veringhöfe, der das Künstlerhaus in Selbstverwaltung organisiert.
       
       Das Künstlerhaus ist Teil eines stadtplanerischen Konzepts, nach dem
       Kultureinrichtungen in Wilhelmsburg eine Verbindung schaffen sollen
       zwischen den Wohngebieten und den benachbarten Industrieflächen der
       Logistikbetriebe. Das Kulturzentrum Honigfabrik gibt es schon, ebenso wie
       die Zinnwerke, in die Webdesigner, Bildhauer und Filmproduktionsfirmen
       eingezogen sind. Bezirksamtsleiter Andy Grote (SPD) und IBA-Geschäftsführer
       Uli Hellweg sprechen mit Begeisterung von einer „kulturellen Achse“, die
       entstehen solle.
       
       Die größte Strahlkraft dieser Achse hatte bis vor kurzem die
       Soulkitchen-Halle, die genau das Gegenteil des Künstlerhauses Veringhöfe
       ist: Eine Handvoll Leute um Kulturveranstalter Mathias Lintl machte aus der
       alten Halle, in der Fatih Akin seinen Film „Soulkitchen“ gedreht hatte,
       ohne städtische Subventionen einen nicht kommerziellen Veranstaltungsort
       für Film, Musik, Tanz und Tischtennis. Der Zuspruch: groß. Die Stadt musste
       dafür nichts bezahlen. Sie überließ Lintl lediglich die Halle.
       
       ## Mangelnder Brandschutz
       
       Mittlerweile ist die Halle aus Brandschutz-Gründen geschlossen und die
       Finanzbehörde möchte sie verkaufen. Ein Logistikunternehmer hat Interesse
       angemeldet. 6.700 Menschen haben eine Petition gegen den Verkauf
       unterschrieben.
       
       Dass die Soulkitchen-Halle genau das ist, was in das
       Stadtentwicklungskonzept von IBA und Bezirksamt passt, ändert an ihrem
       Schicksal offenbar wenig. Stadtentwicklungssenatorin Jutta Blankau (SPD)
       sagte dazu am Mittwoch: „Die Halle ist so nicht zu erhalten. Die Stadt ist
       dazu wirtschaftlich nicht in der Lage.“
       
       Die Absage einer Stadtentwicklungssenatorin, die gemäß ihrer bisherigen
       Politik ein lebhaftes Interesse am Fortbestand der Soulkitchen-Halle haben
       müsste, überrascht. Das laut IBA-Geschäftsführer Hellweg „Super-Projekt“
       einer Kulturachse in Wilhelmsburg hat in der Stadtentwicklungsbehörde
       offenbar keine volle Rückendeckung.
       
       Solidarisch mit der Soulkitchen-Halle erklärte sich am Mittwoch nur der
       Veringhöfe-Verein. „Wir appellieren an die Stadt: Bitte überprüfen Sie ein
       zweites Gutachten“, sagte Vereinsvorstand Ralf-Peter Schmidt.
       
       16 Oct 2013
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Klaus Irler
       
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