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       # taz.de -- Europäische Asylpolitik: Gefängnisinsel Malta
       
       > Das Land ist den vielen Flüchtlingen nicht gewachsen – und sperrt sie
       > deshalb ein. Menschenrechtsorganisation beklagen seit Jahren die
       > Haftbedingungen.
       
   IMG Bild: Sie sehen Malta nur aus dem Polizeibus: Überlebende der jüngsten Flüchtlingstragödie im Mittelmeer.
       
       BERLIN taz | Das südlichste und kleinste EU-Mitglied Malta ist einer der
       großen Verlierer des europäischen Asylsystems. 2012 kamen 1.890 Flüchtlinge
       dorthin, seit 2002 waren es fast 17.000. Nach EU-Recht dürfen sie nur dort
       Asyl beantragen. Im Vergleich zur Einwohnerzahl – etwa 418.000 – werden im
       Inselstaat siebenmal so viele Asylanträge gestellt wie im EU-Durchschnitt.
       
       Das damit völlig überforderte Malta setzt deshalb auf Abschreckung durch
       Internierung. Der Inselstaat sperrt sämtliche Papierlose rigoros ein – bis
       zu zwei Jahre lang, selbst unbegleitete Minderjährige.
       
       Organisationen wie Ärzte ohne Grenzen oder Human Rights Watch beklagen seit
       Jahren die Haftbedingungen: völlig überfüllte Zellen, kaputte Toiletten,
       eine Dusche für neunzig Personen; Kinder, die täglich weniger als eine
       Stunde an die frische Luft dürfen. Im Juni 2012 starb der 32-jährige Malier
       Mamadou Kamara in der Internierung.
       
       2010 und erneut 2013 entschied der Europäische Gerichtshof für
       Menschenrechte, dass die Internierung die Europäische
       Menschenrechtskonvention verletzt. Die Richter kritisierten die
       unerträglichen Haftbedingungen und das völlige Fehlen jeder Rechtsmittel
       gegen die Haft.
       
       ## Schwieriger Weg auf das europäische Festland
       
       Nach ihrer Entlassung hängen viele Flüchtlinge als Obdachlose auf der Insel
       fest; die Weiterreise auf das europäische Festland ist schwierig. Wem sie
       gelingt, der muss damit rechnen, nach Malta zurückgeschoben zu werden.
       
       Die Lage ist derart prekär, dass selbst der deutsche Innenminister
       Hans-Peter Friedrich (CSU) sich zum Helfen veranlasst sah. „Aus humanitären
       Gründen“ bot er im November 2011 an, außerplanmäßig 100 nordafrikanische
       Flüchtlinge aus Malta in Deutschland aufzunehmen; am Ende wurden es sogar
       152.
       
       Eine wirkliche Entlastung war dies gleichwohl nicht: Seit 2010 hat
       Deutschland insgesamt 408 sogenannte Rücknahmeersuche an Malta gestellt.
       Der Inselstaat sollte Flüchtlinge zurücknehmen, die über Malta in die EU
       kamen und nach Deutschland weitergereist waren.
       
       14 Oct 2013
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Christian Jakob
       
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