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       # taz.de -- Diskriminierung: Psychisch krank – keine Bleibe
       
       > Das „Ge“ von Gewosie steht für gemeinnützig. Doch einer Frau mit
       > psychischer Erkrankung hat die Genossenschaft eine Wohnung verwehrt.
       
   IMG Bild: Psychisch krank - das heißt in diesem Fall keine "Zusammenarbeit" für die Gewosie-Chefin Gabriele Hoppen.
       
       taz | Immer pünktlich die Miete überwiesen, kein Schufa-Eintrag,
       unauffälliges Verhalten – das sollte eigentlich reichen, um eine Wohnung
       mieten zu können. Nicht aber, wenn sich jemand beim Vermieter als
       „psychisch krank“ outet. Das zeigt der Fall der Frau Meier*. Sie möchte
       nach Blumenthal ziehen. Deshalb schrieb sie einen Brief an die
       Wohnungsbaugenossenschaft Gewosie, früher: „Gemeinnützige Wohnungs- und
       Siedlungsbaugenossenschaft“. Diese unterbreitete daraufhin Frau Meier
       Angebote. Sie ging mit ihrer Betreuerin zum Vorstellungsgespräch – und
       bekam nach kurzer Zeit eine Absage – ohne Begründung.
       
       Auch die Unterstützung durch die Bremer Werkgemeinschaft (BWG), die
       psychische kranke Menschen betreut und darauf hingewiesen hat, dass das
       Sozialamt die Miete direkt überweist, hat bisher keinen Erfolg gehabt. Die
       Antworten der Gewosie auf die Nachfrage der BWG fielen kurz aus: „Nein, wir
       möchten keine Begründung nennen. Wir können die Mieter aussuchen.“ Ein
       Brief mit dem Verweis, dass Frau Meier bereits seit Langem bei der Gewoba
       ihre Wohnung gemietet hatte, brachte auch im August diesen Jahres nichts
       Neues – die Antwort der Gewosie: „Auch nach einer erneuten Überprüfung hat
       sich an der Entscheidung nichts geändert. Bitte akzeptieren Sie diese.“
       
       Auf ihrer Homepage macht sich die Gewosie für Barrierefreiheit stark und
       lobt sich selbst dafür, dass „die Gewosie seit Jahren barrierefreie oder
       behindertenfreundliche Wohnungen realisiert“. Diese Barrierefreiheit sei
       aber auf Senioren bezogen, „nicht auf körperlich oder seelisch erkrankte
       Menschen“, so präzisierte Gewosie-Vorstand Gabriele Hoppen gegenüber der
       taz. Wer Mieter werde, entscheide der Vorstand. Eine Ablehnung werde
       grundsätzlich nicht begründet, „bei allen Bewerbern“, erklärte
       Gewosie-Sprecherin Jutta Never. Zum konkreten Fall will sich der Vorstand
       nicht äußern, ohne richtigen Namen sei es allemal schwer, eine
       Stellungnahme zu geben, so Hoppen – die Gewosie habe täglich viele oft
       „unerfüllbare“ Wohnungsanfragen.
       
       „So einen krassen Fall hatten wir noch nie“, sagt BWG-Geschäftsführer
       Lutz-Uwe Dünnwald: „Frau Meier war so ehrlich zu sagen, dass sie psychisch
       krank ist und betreut wird. Dieses wurde ihr zum Verhängnis.“ Dabei habe
       die BWG jahrelang nur gute Erfahrungen mit ihr gemacht. Eine Mitarbeiterin
       würde sogar privat für sie bürgen.
       
       Bis heute wohnt sie in ihrer Gewoba-Wohnung in Gröpelingen und sucht
       weiter. Rechtliche Schritte gegen die Gewosie möchte die BWG unterlassen,
       Dünnwald sieht dazu keine Handhabe.
       
       Gert Brauer, Vorsitzender des Bremer Mieterschutzbundes, geht davon aus,
       dass in diesem Fall ganz bewusst keine Ablehnungsbegründung genannt wurde,
       um nicht explizit gegen den Gleichheitsgrundsatz zu verstoßen. Er kenne das
       aus anderen Fällen.
       
       Kai Steuck, Referent des Landesbehindertenbeauftragten verweist in diesem
       Fall auf sein Chef Joachim Steinbrück. Liegt ein solcher Fall vor, könne er
       sich mit beiden Streitparteien zusammensetzen. Steinbrück hat schließlich
       Mediation studiert.
       
       10 Oct 2013
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Carsten Bisping
       
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