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       # taz.de -- Thüringer NSU-U-Auschuss: „Hallo, was ist mit dem Bums“
       
       > Ein Thüringer LKA-Zielfahnder wirft den Behörden vor, brisanten
       > Handykontakt nicht ausreichend verfolgt zu haben.
       
   IMG Bild: Vorfall gemeldet und abgehakt: LKA-Mann Sven Wunderlich wurde am Montag im Thüringer NSU-U-Ausschuss befragt.
       
       ERFURT taz | Den Sitzungsraum F 101 betrat Sven Wunderlich noch zügig. Bei
       der Vernehmung vor dem NSU-Untersuchungssausschuss im Thüringer Landtag am
       Montag kam der Zielfahnder des Landeskriminalamts (LKA) dann aber recht
       bald ins Stocken. Wunderlich räumte ein, den „besten Ermittlungsansatz“,
       einen Handykontakt, nicht verfolgt zu haben. Seine Begründung: Das Gerät
       gehörte dem Brandenburger Innenministerium. Damit war für Wunderlich der
       Vorfall gemeldet und abgehakt.
       
       Erneut scheinen nach dem Abtauchen des NSU-Trios Uwe Mundlos, Uwe Böhnhardt
       und Beate Zschäpe am 26. Januar 1998 Geheimdienste die Ermittlungen der
       Polizei beeinflusst zu haben. Seit Monaten kommen Behörden wegen einer SMS
       vom 25. August 1998 in Erklärungsnot. In der SMS schrieb Jan W., damals
       Kader des rechtsextremen Netzwerks Blood and Honour: „Hallo, was ist mit
       den Bums.“
       
       Das Wort „Bums“ wird als ein Hinweis auf eine Waffe gedeutet. Wunderlich
       sagte am Montag selbst: „Diese SMS, diese Information war sehr brisant.“
       
       Tatsächlich hätte sie Informationen über Akteure hinter den Kulissen des
       NSU offenlegen können. Als der Besitzer des Empfängerhandys, das
       Brandenburger Ministerium, ermittelt war, informierte Wunderlich seinen
       Vorgesetzten: „Mir war klar, dass es sich um einen V-Mann-Führer oder um
       eine Quelle handeln musste.“
       
       Dirk Adams, Untersuchungsausschussmitglied der Grünen, fasste mehrmals
       nach, warum der „Quelle“ an der Stelle nicht weiter nachgegangen wurde.
       „Meine Aufgabe war es, das meinem Vorgesetzten zu sagen. Ich war raus“,
       erwiderte Wunderlich. Und schob nach: „Wir haben unseren besten
       Ermittlungsansatz kaputtgemacht.“
       
       ## „Wir sollten das NSU-Trio nicht kriegen“
       
       Das Handy soll damals der Rechtsextreme und V-Mann Carsten S. alias
       „Piatto“ genutzt haben. Martina Renner, Obfrau der Linke-Fraktion im
       U-Ausschuss, wollte von Wunderlich wissen, ob der Verfassungsschutz (VS) in
       Thüringen und Sachsen Informationen zulieferte. Der LKA-Beamte kritisierte
       den VS als wenig kooperationsbereit. Wunderlichs Eindruck: „Wir sollten das
       NSU-Trio nicht kriegen.“
       
       Ein weiterer Rechtsextremer und V-Mann, Michael S. alias „Tarif“,
       beschäftigte in den letzten Tagen den Thüringer U-Ausschuss. Von 1995 bis
       2001 soll er für das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) gearbeitet
       haben. Die Akten zu „Tarif“ hatte das BfV bereits Ende 2011 geschreddert.
       Später beschwichtigte das BfV, S. sei nur ein Mitläufer gewesen.
       
       Dem widerspricht Katharina König, Ausschussmitglied der Linkspartei: „S.
       war ein gefährlicher und gut vernetzter Neonazi.“ In der Garage des
       NSU-Trios fanden Ermittler das von S. mitverantwortete Magazin
       Sonnenbanner. In dem Magazin wurde offen für den Untergrundkampf als
       autonome Zelle eingetreten.
       
       7 Oct 2013
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Andreas Speit
       
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