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       # taz.de -- Der sonntaz-Streit: Nackter Protest
       
       > Nackte Brüste an sich sind kein politisches Statement. Die
       > Frauenrechtsgruppe Femen versucht mit allem Mitteln, eins daraus zu
       > machen.
       
   IMG Bild: Femen demonstrieren auf einer Pariser Modenschau.
       
       Sie kämpfen mit nackten Brüsten gegen das Patriarchat: Die
       Frauenrechtsgruppe Femen trat erstmals 2008 während der
       Fußball-Europameisterschaft in der Ukraine auf und protestierte gegen
       Sextourismus und Zuhälterei.
       
       Barbusig schaffen sie es seither regelmäßig auf die Titelseiten von
       Zeitungen, mediale Aufmerksamkeit ist den Aktivistinnen sicher.
       
       Doch Femen ist umstritten. Da sind ihre falschen historischen Vergleiche:
       Im Hamburger Rotlichtviertel traten Aktivistinnen mit Hitlergruß auf und
       verglichen Prostitution mit Faschismus. Auch ihre Organisationsstruktur
       wirft Fragen auf: Der Dokumentarfilm „Ukraine ist kein Bordell“ zeigt, dass
       viele Jahre ein Mann die feministische Gruppe lenkte.
       
       Sind Femen also eine neue feministische Avantgarde? Oder sind sie
       reaktionär?
       
       ## Bitte kein Steinzeitfeminismus
       
       „Ein nackter Busen macht noch kein liberales Weltbild“, schreibt die
       Historikerin Miriam Gebhardt im sonntaz-Streit. Sie wünscht sich zwar neue
       Impulse für den Feminismus, kritisiert aber, dass Femen mit ihren Aktionen
       andere Frauen umerziehen wolle. Das sei „Steinzeitfeminismus“.
       
       Die Sprachwissenschaftlerin Reyhan Sahin, auch bekannt als Rapperin Lady
       Bitch Ray, hält dagegen und verteidigt insbesondere die deutsche
       Femen-Gruppe. „Reaktionär sind die Ansichten von Alice Schwarzer zum
       muslimischen Kopftuch.“
       
       Auch Femen werden wegen ihren Positionen zu muslimischen Frauen kritisiert.
       Am „topless jihad day“ machte Femen auf die Unterdrückung der Frauen in
       muslimischen Gesellschaften aufmerksam und protestierte gegen das Kopftuch.
       Daraufhin gab es viel Kritik von muslimischen Frauen, die sich nicht
       bevormunden lassen wollen und die Gruppe „Muslim Women against Femen“
       gründeten. Auch die Erziehungswissenschaftlerin Denise Bergold-Caldwell
       findet es problematisch, dass mehrheitlich weiße Europäerinnen anderen
       Frauen ihre Vorstellung von Freiheit und Emanzipation aufdrängen wollen.
       
       ## Osteuropa ist für Frauen ein hartes Pflaster
       
       Die Sozial- und Kulturanthropologin Alena Brunner richtet den Blick auf die
       Umstände, unter denen Femen entstand: In Westeuropa könne Femen als
       rückschrittlicher Feminismus der sechziger oder siebziger Jahre kritisiert
       werden. Doch in der Ukraine seien die Lebensumstände von Frauen vollkommen
       anders als in Westeuropa und die Protestform deshalb angemessen.
       
       Taz-Leserin Carolin Münzel meint, dass Femen ihr Ziel bereits erreicht
       haben: „Schon die Tatsache, dass die taz ihre Leserinnen und Leser dazu
       auffordert, über Femen zu diskutieren, ist ein Beweis dafür.“ Jetzt müsse
       jedoch auch eine stärkere inhaltliche Auseinandersetzung folgen, „sonst
       bleiben sie nur Flitzer, die statt über Fußballplätze über die Bühne des
       Weltgeschehens huschen und an die sich bald niemand mehr erinnern kann.“
       
       Die sonntaz-Frage in der aktuellen sonntaz von 5./6. Oktober beantworten
       außerdem Stevie Meriel Schmiedel, Gründerin von Pinkstinks, der
       Bewegungsforscher Dieter Rucht, die Politikwissenschaftlerin Natascha
       Nassir Shahnian, Irmingard Schewe-Gerigk, Vorsitzende von Terre des Femmes,
       Heike Walk, Geschäftsführerin des Berliner Instituts für Protestforschung
       und taz-Leser Martin Niewendick.
       
       5 Oct 2013
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Kersten Augustin
       
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