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       # taz.de -- Kommentar Flüchtlingsdrama Lampedusa: Die EU ist voll verantwortlich
       
       > Die Schlepper sind nicht Schuld an der Katastrophe vor Lampedusa. Europa
       > muss den Zugang für Schutzsuchende wieder öffnen. Sonst geht das Sterben
       > weiter.
       
   IMG Bild: Für Flüchtlinge nur unter Lebensgefahr erreichbar: die Küste Lampedusas.
       
       Von Tunis nach Palermo fahren mehrmals wöchentlich Fähren. Ein Ticket gibt
       es schon für 48 Euro, die Passagiere sind zehn Stunden unterwegs, es ist
       eine komfortable Reise. Doch wer sie antreten will, um in Europa Schutz zu
       suchen, hat zu diesen Schiffen keinen Zugang, ihm fehlt das Visum. Somalis,
       Eritreern, Sudanesen oder Afghanen steht nur ein Weg offen: die
       lebensgefährliche Überfahrt.
       
       Sämtliche Staaten der EU haben sich verpflichtet, Verfolgten Asyl zu
       gewähren. Und trotzdem ist es fast unmöglich, legal hierher zu kommen, um
       dieses Recht in Anspruch zu nehmen. Die meisten der Menschen, die vor
       Lampedusa ertrinken, stammen aus Krisenstaaten, ein Asylantrag von ihnen
       hätte in Europa durchaus gute Chancen.
       
       Doch den Weg dorthin versperrt ein mit militärischen Mitteln aufgezogener
       Grenzschutz. Flankiert wird der von einer Justiz, die Seenotretter wie
       Fischer oder Frachtkapitäne mit Anklagen wegen angeblicher Schlepperei
       bedroht. Das hätte mittlerweile anders sein können: Fünf Jahre lang hat die
       EU an ihrem neuen, gemeinsamen Asylsystem Ceas gearbeitet. Es ist eines der
       größten Harmonisierungsprojekte der Union; die Kommission versprach, den
       Kontinent zu einem „Raum des Schutzes“ für verfolgte Menschen zu machen.
       
       Seit Juni ist das Ceas nun in Kraft. Die Realität ist: Wer diesen Schutz
       will, riskiert noch immer den Tod. Mit dafür gesorgt hat bei den
       Verhandlungen zum Ceas die vom deutschen Innenminister Friedrich entsandte
       Delegation.
       
       Angesichts der Katastrophe schieben nun alle die Schuld auf gewissenlose
       Schlepper oder fordern gar „Staatstrauer“. Dabei ist klar, was zu tun ist:
       Seenotrettung darf nicht verfolgt werden. Und Europa muss den Zugang für
       Schutzsuchende wieder öffnen. Sonst geht das Sterben weiter.
       
       3 Oct 2013
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Christian Jakob
       
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