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       # taz.de -- Christen helfen israelischen Siedlern: Trauben pflücken für Großisrael
       
       > Fundamentalistische Christen aus den USA, Kanada und Europa ernten mit
       > Siedlern im Westjordanland Trauben. Sie wollen so die göttliche Vorsehung
       > erfüllen.
       
   IMG Bild: „Ausländer werden eure Ackerleute und Weingärtner sein.“ Christliche Freiwillige zitieren aus der Bibel im Weingarten in Har Bracha.
       
       HAR BRACHA taz | In einem Punkt hat der palästinensische Präsident Mahmud
       Abbas die internationale Sympathie auf seiner Seite: Israels
       Siedlungspolitik wird weltweit als das Haupthindernis auf dem Weg zur
       Zweistaatenlösung betrachtet. Doch nach Ansicht pro-israelischer Christen
       ist genau das Gegenteil nötig, um Frieden zu ermöglichen – nämlich, die
       Siedler im Westjordanland zu stärken.
       
       Hunderte Freiwillige helfen in diesen Wochen bei der Traubenernte in den
       Siedlungen Psagot, Schiloh und auf dem Har Bracha, dem „Berg des Segens“,
       wenige Kilometer südlich der palästinensischen Stadt Nablus.
       
       Caleb Waller sitzt auf einem Erdhügel, spielt Gitarre und singt, während
       neben ihm seine Frau Kendra mit der Bibel. „Du sollst Weinberge pflanzen an
       den Bergen Samarias; pflanzen wird man sie und ihre Früchte genießen“,
       liest sie. Für Kendra und Caleb verwirklicht sich hier und jetzt die
       Vorsehung. Die beiden Anfang 20-Jährigen wollen die Wüste fruchtbar machen.
       „Was hier passiert, wird die Welt beeinflussen“, begeistert sich Caleb. Die
       Rückkehr des Messias sei nah.
       
       Von Palästina wollen sie gar nicht erst reden. Für die Christen geht es
       hier um das „biblische Herzland Israels“, um Judäa und Samaria. 300
       freiwillige Helfer aus den USA, Kanada, Europa und sogar aus Neuseeland
       sind gekommen. Mit knapp 1.200 Dollar ist man dabei. Soviel kosten Reise
       und Aufenthalt für drei Wochen. Wer will, kann gerne länger bleiben.
       
       ## Jüdischer Anspruch auf das Land?
       
       „Fremde werden hintreten und eure Herden weiden, und Ausländer werden eure
       Ackerleute und Weingärtner sein“, zitiert das Rentnerehepaar Larry und Joy
       Fencel die Vision des Jesaja. Die beiden Pensionäre unternahmen die lange
       Reise aus Colorado nach Har Bracha, „um teilzuhaben an der biblischen
       Prophezeiung“. Abwechselnd helfen sie mal bei den Weinstöcken, mal bei der
       Vorbereitung der Mahlzeiten.
       
       Gegen elf Uhr gibt es Mittagessen im Freien. Trotz der recht kargen
       Speisekarte mit Fladenbrot und Erbsbrei, Tomaten und Gurken herrscht gute
       Stimmung. Kendra Waller zieht ihre ein Jahr alte Tochter Chaya in einem
       Handwagen hinter sich her. Die größeren Kinder der Freiwilligen spielen
       Verstecken, Fangen oder helfen schon beim Pflücken. Eine Schule haben die
       wenigsten je von Innen gesehen. Wie einst Caleb und seine zehn Geschwister,
       werden sie von ihren Eltern unterrichtet.
       
       Jemand spielt Gitarre und gleich stimmen mehrere Leute in seinen Gospel mit
       ein. „Worte von vor 2.000 Jahren kommen zum Leben“, schwärmt Joshua Waller,
       der Zwillingsbruder von Caleb. Dass das Land, auf dem die israelischen
       Siedler ihre Trauben anpflanzen, von Palästinensern beansprucht wird,
       empfindet er nicht als Problem. Weniger als 40 Prozent des Bodens gehöre
       palästinensischen Familien, der Rest der israelischen Regierung: „Niemand
       lebt auf diesem Land.“
       
       Die Familie Waller ist der Motor hinter dem Projekt „Hajovel“, der einzigen
       „internationalen, humanitären Organisation weltweit, die
       landwirtschaftliche und archäologische Projekte in Judäa und Samaria“
       fördert, wie es in der Selbstdarstellung heißt. Aus Sympathie zum jüdischen
       Volk verkaufte Vater Tommy Waller vor knapp zehn Jahren seine Farm und
       verschrieb sich mit der gesamten Familie dem Projekt.
       
       „Wir sind fast das ganze Jahr unterwegs, um ein Bewusstsein für den
       jüdischen Anspruch auf dieses Land zu schaffen“, erklärt Joshua. Gerade
       jetzt, wo immer mehr Staaten über den Boykott gegen Siedlungen nachdenken,
       sei Hilfe für das jüdische Volk nötiger denn je. Ginge es nach Joshua,
       würden künftig Tausende Freiwillige kommen: „Es gibt noch so viel zu tun.“
       
       2 Oct 2013
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Susanne Knaul
       
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