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       # taz.de -- Griechische Neonazis: Die Partei als kriminelle Vereinigung
       
       > Wie kann man gegen die „Goldene Morgenröte“ vorgehen? Die griechischen
       > Neonazis sollen für über hundert Gewalttaten verantwortlich sein.
       
   IMG Bild: Anhänger der „Goldenen Morgenröte“ demonstrieren am Wochenende, um ihre Unterstützung der Verhafteten zu zeigen.
       
       ATHEN taz | Der griechische Minister für öffentliche Ordnung, Nikos
       Dendias, verfolgt ein ehrgeiziges Ziel: Die rechtsextreme Partei „Goldene
       Morgenröte“ soll zwar nicht verboten, aber als „kriminelle Vereinigung“
       behandelt und bestraft werden.
       
       Der entsprechende Straftatbestand im Art. 187 des griechischen
       Strafgesetzbuchs ist dem deutschen Paragrafen 129 im Strafgesetzbuch (StGB)
       nicht unähnlich: Die „Bildung einer kriminellen Vereinigung“ setzt einen
       auf Dauer angelegten organisatorischen Zusammenschluss von mindestens drei
       Personen voraus, die vorsätzlich Verbrechen begehen.
       
       Nach dem griechischen Strafgesetzbuch handelt es sich um ein Dauerdelikt,
       das mit einer Strafe von bis zu zehn Jahren Haft belegt wird und in
       Tateinheit mit weiteren Straftaten sogar eine lebenslange Freiheitsstrafe
       zur Folge haben kann. Welche weiteren Straftaten in Betracht kämen,
       dokumentierte in der vergangenen Woche der Minister für öffentliche Ordnung
       in einer Vorlage an den Areopag, dem obersten Gericht Griechenlands. Dort
       ist die Rede von 33 Übergriffen in den vergangenen zwei Jahren.
       
       Beispiele: Im Mai 2013 haben mutmaßliche Mitglieder der „Goldenen
       Morgenröte“ einen 14-jährigen Jungen aus Afghanistan mit einer gebrochenen
       Flasche angegriffen und schwer verletzt. Im September 2012 attackierten
       Rechtsextreme drei Migranten aus Pakistan an einer Bushaltestelle im
       Athener Vorort Metamorfosi und verletzten einen von ihnen durch
       Messerstiche. Zwei Monate später wurden zwei Studenten der kommunistischen
       Jugendorganisation KNE an einer Berufsschule in der Nähe von Thessaloniki
       angegriffen.
       
       Auch den tätlichen Angriff eines Neonazi-Abgeordneten auf den Bürgermeister
       der griechischen Hauptstadt Athen im Februar 2013 dokumentiert Dendias.
       Dazu kommen etliche Schlägereien und Drohungen gegen Ausländer, vermutliche
       Linke, Andersdenkende und Journalisten.
       
       ## Unbestrittenes Führerprinzip
       
       Die Linksopposition wirft dem Minister vor, weitere Übergriffe „vergessen“
       zu haben, und überreicht ihrerseits dem obersten Gerichtshof Griechenlands
       eine Liste mit mehr als 150 Vorfällen rechtsextrem motivierter Gewalttaten
       im Zeitraum von 1992 bis 2012.
       
       Nach Auffassung der Athener Staatsanwaltschaft sei die „kriminelle
       Vereinigung“ im vorliegenden Fall straff nach dem Führerprinzip
       organisiert, wobei der 56-jährige Parteichef Nikos Michaloliakos
       unbestritten das Sagen hat und der Fraktionssprecher der „Goldenen
       Morgenröte“ im Parlament, Christos Pappas, als dessen Vizechef fungiert.
       Über 24 Stunden lang wurde Pappas polizeilich gesucht, am Sonntagnachmittag
       hat er sich freiwillig gestellt. „Ich komme hierher auf eigene Faust und
       habe nichts zu verbergen“ sagte er trotzig den vor dem Polizeipräsidium
       weilenden Journalisten.
       
       Schon in den 1970er Jahren war Michaloliakos der Polizei aufgefallen. Im
       Dezember 1976 soll er, gemeinsam mit anderen rechten Schlägern,
       Journalisten angegriffen und mindestens fünf von ihnen schwer verletzt
       haben, doch seine Taten wurden für verjährt erklärt.
       
       ## Kleine Kundgebung
       
       1993 gründete Michaloliakos die „Goldene Morgenröte“. Lange blieben die
       Neonazis eine Randerscheinung der griechischen Politik. Erst in der
       Eurokrise wuchs die Partei, die heute mit insgesamt 18 Abgeordneten im
       Parlament vertreten ist.
       
       Nach der ersten Verhaftungswelle rief die „Goldene Morgenröte“ ihre
       Mitglieder via SMS zu einer massiven Protestkundgebung vor dem Athener
       Polizeipräsidium am Samstagabend auf, doch es kamen nicht mehr als 300
       Parteianhänger.
       
       Dabei hat die „Goldene Morgenröte“ nach eigenen Angaben „Tausende
       Mitglieder“ – wie viele genau, will die rechtsextreme Organisation nicht
       verraten, möglicherweise, um nach jedem Übergriff behaupten zu können, der
       Täter habe mit ihr überhaupt nichts zu tun.
       
       30 Sep 2013
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Jannis Papadimitriou
       
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