# taz.de -- Zeuge in der NSU-Affäre: Nicht fürs Protokoll
> Ein ehemaliger V-Mann will 2006 eine Waffenübergabe des mutmaßlichen
> NSU-Mörders Mundlos beobachtet haben. Die Polizei blockte ab.
IMG Bild: Im Taxi des Ex-V-Manns Thomas M. soll Mundlos dem „Gesinnungskameraden“ Toni S. eine Waffe angeboten haben.
HAMBURG taz | Der Deckname war „Heidi“. Sieben Jahre galt Thomas M. alias
„Heidi“ der Dortmunder Polizei als guter Informant. Nach dem Auffliegen des
Nationalsozialistischen Untergrunds NSU 2011 meldete sich der frühere
Taxifahrer M. bei Kriminalhauptkommissar J., da er auf einem Foto das
NSU-Mitglied Uwe Mundlos wiedererkannt haben will.
M. habe Mundlos und eine Frau – Beate Zschäpe? – am 1. April 2006 am
Dortmunder Hauptbahnhof zusammen mit dem „Gesinnungskameraden“ Toni S. in
seinem Taxi abgeholt. Während einer weiteren Fahrt am selben Tag, die Frau
sei nicht mehr mit dabei gewesen, habe Mundlos Toni S. eine Waffe
übergeben, so M. zur taz.
S. hätte daraufhin M. die Waffe samt Munition für 1.000 Euro angeboten.
Doch Hauptkommissar J. habe diese Beobachtung damals nicht protokollieren
wollen, „da er sonst in Teufels Küche käme“. S. genieße „einen gewissen
Schutz“.
Drei Tage nach der Taxifahrt, am 4. April 2006, wurde der türkischstämmige
Mehmet Kubasik mit mehreren Kopfschüssen vor dessen Kiosk getötet. Der Mord
wird dem NSU zugeschrieben.
M., der von 2005 bis 2012 die Dortmunder Polizei mit Hinweisen aus der
rechten Szene versorgte, will „die Sache“ nicht auf sich beruhen lassen. In
einen Brief hat er sich über seinen Anwalt an den Rechtsbeistand der
Familie Kubasik im laufenden NSU-Prozess vor dem Oberlandesgericht München
gewendet.
## Zu den Herren der NPD
M.s Aussagen werfen auch Fragen zur Rolle von Toni S. auf. 2002 war bei
einem Verfahren gegen S. vor dem Landgericht Berlin aufgeflogen, dass S.
mit dem Brandenburger Verfassungsschutz zusammenarbeitete. In der Szene sei
er dennoch weiter aktiv gewesen: „Ich habe ihn zu Herren der NPD gefahren“,
sagt M., der darüber auch beim BKA aussagte und S. 2005 kennengelernt haben
will: „Er wurde Stammkunde bei mir.“
Das BKA hielt im März J. die Aussagen von M. vor. J. verneinte, durch M.
von der Waffe gehört zu haben.
M. und J. trafen sich nachdem M. sich wegen der Wiedererkennung von Mundlos
gemeldet hatte. Bei dem Gespräch soll J. zu M. gesagt haben, „dass er das
mit der Waffe von damals nicht mehr schreiben kann“. Beim BKA stritt der
Beamte dies ab, bestätigte aber, dass M. Mundlos identifiziert haben wolle.
Im November 2011 trafen sich M. und J., nachdem M. sich wegen der
Wiedererkennung von Mundlos gemeldet hatte. Bei dem Gespräch soll J. zu M.
gesagt haben, „dass er das mit der Waffe von damals nicht mehr schreiben
kann“. Beim BKA stritt der Beamte dies ab, bestätigte aber, dass M. Mundlos
identifiziert haben wolle.
M. indes ist sich sicher, Mundlos erkannt zu haben: „zu 100 Prozent“. Auch
er soll noch als Zeuge in München aussagen: „Ich warte auf den Termin.“
29 Sep 2013
## AUTOREN
DIR Andreas Speit
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