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       # taz.de -- Die Woche: Wie geht es uns, Herr Küppersbusch?
       
       > Die Fünfprozenthürde gehört abgeschafft, und ausgerülpste Moralgase wehen
       > in Richtung SPD. Immerhin haben die Borussen gewonnen.
       
   IMG Bild: SPD: Volle Kraft voraus!
       
       taz: Herr Küppersbusch, was war schlecht in der vergangenen Woche? 
       
       Friedrich Küppersbusch: Immer noch keine Neuwahlen.
       
       Was wird besser in dieser? 
       
       Eurobonds wäre ein Thema, dass die CDU der SPD nicht klauen kann, das
       zerrisse sie. Aber kann die SPD?
       
       Erstmals will die SPD ihre Mitglieder über die Bildung einer Großen
       Koalition auf Bundesebene mitentscheiden lassen. Eine gute Idee? 
       
       Pragmatisch. Der Untergang der „Titanic“ wäre sicher reizvoller geworden
       mit vielen tausend „Ja zum Eisberg“-Zetteln an Bord.
       
       Die Linken haben die FDP zur Hölle gewünscht, jetzt ist sie aus dem
       Bundestag raus. Ist die Welt ohne die Liberalen im Parlament tatsächlich
       besser dran? 
       
       Die linksliberalen Grünen und die nationalliberale AfD wäre eine
       Sortierung, mit der etwa die Niederlande seit Jahrzehnten gut auskommen.
       Wobei an der AfD nichts liberal ist und an den Grünen wenig links. Für die
       Union wird der Weiße-Kragen-Rassismus des AfD die erste ernsthafte Gefahr
       einer Konkurrenz von rechts.
       
       Ob man das taktisch bejubeln kann oder moralisch betrauern, weiß der
       Henker. Der Henker der SPD, Gerhard Schröder, findet es dufte und warf
       mitten im Kuschelwahlkampf jäh die flackernde Fackel Richtung
       „Griechenrettung“. Prognose: Man wird der FPD nachrühmen, dass sie sich bei
       Gefahr des Todes nicht verhaidert hat.
       
       SPD, Linke und Grüne haben eine Mehrheit im Bundestag. Die sie wohl wieder
       einmal nicht nutzen werden. Was ist dieser Begriff „strukturelle linke
       Mehrheit“ eigentlich noch? Der Trostpreis für linke Wähler? Die
       Selbstvergewisserung, dass man trotz verlorener Wahl doch auf der richtigen
       Seite steht? 
       
       Jetzt wäre es ein „Eingehungsbetrug“ – die drei haben diese Mehrheit
       bekommen unter dem Versprechen, sie nicht zu nutzen. CDU und FDP haben in
       der Wende die Blockparteien fröhlich kauend aufgemampft – samt Mitgliedern
       und Geld und Immobilien. Nun rülpsen sie seit über 20 Jahren Moralgase in
       Richtung SPD und Grüne, die anständig bis zur politischen Bulimie waren.
       Die SPD wird das Thema jetzt abräumen.
       
       Adenauer hat seine frühere Zentrumspartei überredet, für drei sichere
       Wahlkreise in anderen Gebieten nicht mehr anzutreten, einen solchen Deal in
       manchen Westländern fänd ich sinnvoll für SPD und Linke. Und es wäre sehr
       sexy, das unter dem Rubrum „Methode Adenauer“ zu verkaufen.
       
       Es gibt eine Diskussion, ob die Fünfprozenthürde weg soll. Soll sie? 
       
       Sie isses, bei der kommenden Europawahl. Das Verfassungsgericht hat sie auf
       3 Prozent gesenkt – mit der Schmunzelbegründung „dieses Parlament wählt eh
       keine Regierung“. Also AfD drin und FDP spannend. Bei der Bundestagswahl
       wählten 28,5 Prozent gar nicht, fast 16 Prozent der Wahlstimmen fielen
       unter die Hürde. Merkel hätte beinahe eine absolute Mehrheit an Mandaten
       für kaum ein Drittel der Wahlberechtigten bekommen.
       
       Das Weimarer Parlament war, ohne Sperrklausel, mit bis zu 17 Parteien oft
       gelähmt. Eine Dreiprozenthürde würde Fans kleiner Parteien ermutigen. Nur
       die FDP wäre gekniffen – ihr traditionell einziges Argument „helft uns über
       5 Prozent“ wäre perdu.
       
       Mit Schröder hat er seit seinem Rücktritt 1999 nicht mehr gesprochen: Oskar
       Lafontaine, Fraktionschef der Linken im Saarland, findet: „Vielleicht hätte
       ich SPD-Parteichef bleiben sollen.“ Typisch Lafontaine? 
       
       Das Bild des privatisierten Lafontaine, wie er statt politischer Antworten
       seinen neugeborenen Sohn vom Balkon zeigt, prismiert: Es ging um
       Testosteron. „Ich kann, Schröder nicht.“ Der große Baum der deutschen
       Sozialdemokratie ist an eitel Rüdenpisse fast verdorrt, und gerade weil das
       an Armseligkeit nicht mehr zu unterbieten ist, ist es nun auch mal gut
       damit. Der SPD gehen die Ausreden aus, und dass ein bedeutender
       sozialistischer Demokrat wie Lothar Bisky stirbt, ohne dass ein
       SPD-Vorsitzender zum Gedächtnis eilt, verlängert beispielhaft die Schande.
       
       Mal ab davon, dass aus dem bürgerlichen Lager nur Hotte Köhler an dem Tag
       nichts Besseres vorhatte. Lafontaines legendäre Schmähung Schmidts, mit
       Sekundärtugenden könne man auch ein KZ leiten, ist in vollem Umfang auf ihn
       zurückgeschlagen. Mit nichts als dicke Eier kann man auch eine gute Sache
       ruinieren. Der Fairness halber: In die Liste der Eigenbürzelverehrer gehört
       ganz vorn auch Joschka Fischer, der hinterher alles besser weiß.
       
       Und was machen eigentlich die Borussen? 
       
       Zum Abpfiff des 5:0 begann die „Lange Dortmunder Musemsnacht“. Das ergab
       eine sensationelle Mischung aus Hochkultur, Südgegröle und dem gemeinsamen
       Nenner Bratwurst.
       
       FRAGEN: CAK, DAS
       
       29 Sep 2013
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Friedrich Küppersbusch
       
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