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       # taz.de -- Nach Mord an Antifa-Musiker: Aufgeschreckter Staat
       
       > Besser spät als nie: Angeblich macht die griechische Politik mobil gegen
       > die Rechtsradikalen. Doch ein Parteiverbot wird es wohl nicht geben.
       
   IMG Bild: Immerhin: 15.000 Menschen demonstrierten am Mittwoch gegen die „Goldene Morgenröte“.
       
       ATHEN taz | Zuerst die gute Nachricht: Der griechische Minister für
       Öffentliche Ordnung Nikos Dendias will eine 24-jährige Polizistin
       öffentlich loben, weil sie den Mut aufgebracht hat, den mutmaßlichen Mörder
       des Hip-Hop-Musikers Pavlos Fyssas am vergangenen Mittwoch auf frischer Tat
       zu stellen. Der Täter soll Mitglied oder Sympathisant der rechtsextremen
       „Goldenen Morgenröte“ sein.
       
       Augenzeugen berichten, dass sämtliche Kollegen der jungen Frau, die mit ihr
       auf Streife waren, nicht einschreiten wollten - was die Polizei bestreitet.
       Ob zumindest einige Polizisten auf dem rechten Auge blind sind?
       
       Während Minister Dendias versichert, die überwiegende Mehrheit der
       Ordnungshüter erfülle treu ihre Pflicht, sieht der Chef der
       Polizeigewerkschaft Christos Fotopoulos Handlungsbedarf. „So manche
       Vorfälle rücken uns in ein schlechtes Licht und müssen schnell aufgeklärt
       werden“, mahnt Fotopoulos im TV-Sender Skai. Er sagt aber auch:
       „Hierzulande gibt es 50.000 Polizisten; selbst wenn alle für die Goldene
       Morgenröte stimmten, würde dies nicht ausreichen, damit sie 500.000 Stimmen
       bekommt, wie bei der letzten Wahl geschehen.“
       
       In der Tat beginnt sich in Hellas die Erkenntnis durchzusetzen, dass die
       Rechtsextremen in der Mitte der Gesellschaft angekommen sind. Erst nach dem
       Mord an Fyssas droht der Staat durchzugreifen, jedenfalls mehren sich
       diesbezügliche Meldungen: Partei-Aussteiger nehmen an einem
       Kronzeugen-Programm teil. Der Leiter einer Nervenklinik wird beschuldigt,
       psychologische Gutachten von Neo-Nazis manipuliert zu haben, damit sie
       einen Waffenschein erhalten.
       
       ## Nicht überzeugende Erklärung
       
       Die Steuerfahndung prüft die Finanzierung der Goldenen Morgenröte. Nach
       Angaben des Online-Portals To Vima lägen den Finanzbehörden Informationen
       vor, dass die Partei auch von Großunternehmen und Kirchenvertretern
       finanziert würde.
       
       Warum wird erst jetzt Entschlossenheit demonstriert? Der konservative
       Politiker Makis Voridis versucht, eine Erklärung dafür zu liefern, die
       nicht überzeugt: „In der Vergangenheit waren Parteimitglieder nur in
       Vergehen verwickelt, doch hier geht es um Verbrechen, die eine harte
       Bestrafung nach sich ziehen“, sagt der Jurist in einem TV-Interview.
       
       „Würde die Schuld der Goldenen Morgenröte an mörderischen Angriffen
       bewiesen, dann müsste man die Partei verbieten“, mahnt der grüne Politiker
       Daniel Cohn-Bendit auf einer Pressekonferenz im nordgriechischen
       Thessaloniki. Derzeit rechnen die wenigsten damit, zumal es in Hellas kein
       Verfassungsgericht gibt, das ein Parteiverbot aussprechen könnte. Dafür
       schlägt Minister Dendias eine Verschärfung geltender Strafgesetze gegen
       organisierte Kriminalität vor, damit auch Aktionen paramilitärischer
       Gruppen darunter fallen, selbst wenn diese von einer Partei ausgehen.
       
       Dem Areopag, Griechenlands oberstem Gerichtshof, überreichte Dendias
       bereits 33 Dossiers zu vermutlichen Gewaltaktionen der Goldenen Morgenröte.
       Auch Manolis Glezos, eine Ikone des griechischen Antifaschismus, besuchte
       die Staatsanwältin am Areopag, um auf seine eigenen Recherchen zum Thema
       hinzuweisen. Nach Auffassung von Glezos sei die Neonazi-Partei für mehr als
       150 Übergriffe im Zeitraum von 1992 bis 2012 verantwortlich.
       
       Unterdessen ermunterte Daniel Cohn-Bendit die Griechen zu Zivilcourage:
       „Ich träume davon, dass 500.000 auf die Straße gehen, um gegen Faschismus
       zu demonstrieren“, erklärte der grüne Politiker. Der Wunsch ging nicht ganz
       in Erfüllung: 15.000 Menschen nahmen am späten Mittwochabend an einer
       Kundgebung gegen rechte Gewalt vor dem Parlament teil.
       
       26 Sep 2013
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Jannis Papadimitriou
       
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