# taz.de -- US-Spitzelei mit Tradition: NSA spähte Martin Luther King aus
> Sie kritisierten den Vietnamkrieg. Deshalb wurden der schwarze
> Bürgerrechtler und weitere US-Politprominenz zum Ziel des
> Überwachungsprogramms „Minaret“.
IMG Bild: „I have a dream!“ Aber bestimmt nicht den einer totalen Überwachung: Martin Luther King
WASHINGTON afp/dpa | Der US-Geheimdienst NSA hat Ende der 1960er und Anfang
der 1970er Jahre US-Senatoren, den Bürgerrechtler Martin Luther King und
andere prominente Kritiker des Vietnam-Kriegs überwacht. Das belegen
geheime Dokumente, die auf Antrag von US-Forschern am Mittwoch öffentlich
gemacht wurden. Demnach wies der damalige Präsident Lyndon B. Johnson 1967
die Geheimdienste an herauszufinden, ob ausländische Mächte die Proteste
gegen den Vietnam-Krieg anstachelten.
Die Herausgabe der Dokumente war seit langem von Forschern der
George-Washington-Universität gefordert worden. Eine Regierungskommission
gab dem Antrag nun statt. Das sechsjährige Überwachungsprogramm mit dem
Namen „Minaret“ zielte neben King auch auf dessen Kollegen Whitey Young,
auf den Boxer Muhammad Ali sowie auf Journalisten der Washington Post und
der New York Times. Zudem seien die US-Senatoren Frank Church und Howard
Baker ausspioniert worden.
Die NSA arbeitete für das Programm, bei dem etwa Telefonate nach Übersee
abgehört wurden, mit anderen Geheimdiensten zusammen. Auch während der
Präsidentschaft von Richard Nixon ab 1969 lief das Überwachungsprogramm
weiter. Nach Einschätzung von Historikern spiegelte es die Paranoia wider,
die während seiner Präsidentschaft herrschte. Erst 1973, als Nixons
Regierung tief in die Watergate-Affäre verstrickt war, ordnete der
US-Generalstaatsanwalt Elliot Richardson das Ende des Programms an.
Die Geheimoperation wurde zwar schon wenige Jahre später aufgedeckt, doch
die Namen der Überwachten blieben geheim. Wie aus den Dokumenten
hervorgeht, bezeichneten NSA-Mitarbeiter die Abhöraktion später als
„unehrenhaft“.
## Historiker: früher war's schlimmer
Laut den Historikern, welche die Dokumente am Mittwoch veröffentlichten,
hatte das damalige Überwachungsprogramm weitaus größere Ausmaße als die vom
Ex-Geheimdienstmitarbeiter Edward Snowden enthüllten Aktivitäten. „So
schockierend die jüngsten Enthüllungen über die Inlandsspionage der NSA
gewesen sind - es gibt bislang keine Beweise dafür, dass die heutigen
Geheimdienste so agieren, dass sie die politischen Feinde des Weißen Hauses
ausspionieren“, schrieben Matthew Aid und William Burr vom Nationalen
Sicherheitsarchiv der George-Washington-Universität.
Die am Mittwoch veröffentlichten Dokumente beweisen zudem auch, dass die
NSA im Jahr 1961 bereits vorab Informationen über den geplanten Bau der
Berliner Mauer hatte. Allerdings erreichten die Warnungen nicht den
damaligen US-Präsidenten John F. Kennedy.
Demnach hatte die NSA am 9. August 1961, vier Tage vor Beginn des
Mauerbaus, eine Nachricht der damaligen DDR-Staats- und Regierungspartei
SED abgefangen. Es ging dabei um Pläne, Grenzübergänge in Berlin für
Fußgänger zu sperren. Die NSA wertete dies als „ersten Schritt in einem
Plan, die Grenze zu schließen.“ Die Einschätzung habe sich als korrekt
erwiesen, sie sei aber nicht weiterverbreitet worden, heißt es.
26 Sep 2013
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