URI: 
       # taz.de -- Bundestagswahl: Grüne klar zweistellig
       
       > Die CDU gewinnt auch im Land klar vor der SPD, die Grünen aber rutschen
       > ab: von 17,4 auf rund 12 Prozent. Fraktionschefin Ramona Pop fordert
       > Konsequenzen.
       
   IMG Bild: Da konnten sie noch lachen: die erfolglosen grünen Wahlkreiskandidaten Andreas Otto und Özcan Mutlu und der bundesweite Spitzenkandidat Jürgen Tritten wenige Tage vor der Wahl mit der Chefin des abgestürzten Berliner Landesverbands, Bettina Jarasch.
       
       Das Rote Rathaus wird zwar noch rot regiert. Sonst aber ist die
       dominierende Parteifarbe nicht nur bundesweit, sondern auch im strukturell
       linken Berlin derzeit CDU-schwarz. Die Christdemokraten verbesserten sich
       auf fast 29 Prozent, deutlich vor der SPD, die immerhin auf 24,5 Prozent
       zulegte. Die Linkspartei hielt mit rund 19 Prozent in etwa ihr Ergebnis von
       2009. Der große Verlierer des Abends aber, noch stärker als im Bund, sind
       die Grünen. Sie sackten von 17,4 auf 12,1 Prozent ab (Auszählungsstand
       21:35 Uhr, 83,8 Prozent). Fraktionschefin Ramona Pop gab dem Bundesergebnis
       die Schuld forderte gegenüber der taz von der Bundespartei Konsequenzen.
       
       Die Grünen erleben mit dem Ergebnis eine schwindelerrenge Talfahrt. Auf
       Landesebene stimmten in Umfragen vor zweieinhalb Jahren noch über 30
       Prozent für sie, von denen bei der Abgeordnetenhauswahl im Herbst 2011 noch
       17,6 Prozent blieben. Bei Befragungen zur Bundestagswahl wollten vor knapp
       vier Wochen noch 19 Prozent der Berliner Wählerinnen und Wähler grün
       wählen. In der jüngsten Umfrage waren es immerhin noch 15 Prozent.
       
       „Hier hat eindeutig der Bundestrend reingeschlagen“, sagte Pop.
       Bundesthemen hätten den Wahlausgang auch in Berlin dominiert. „Das
       Politikangebot hat bei den Wählern nicht überzeugt“, sagte die
       Fraktionschefin. Nun nur zu sagen, man sei nicht durchgedrungen, reiche
       nicht. In etwa so hatte sich in einem ersten Fernsehinterview die Berliner
       Spitzenkandidatin Renate Künast geäußert. „Jetzt kann man nicht zur
       Tagesordnung übergehen“, sagte Pop.
       
       Das für die Grünen enttäuschende Ergebnis im Bund erlebte die Berliner
       Fraktionschefin wie viele hunderte anderer Parteimitglieder, Sympathisanten
       und Journalisten in der Columbiahalle am Exflughafen Tempelhof mit. Dort
       wurde, vorerst noch nur halblaut, Kritik an der Führungsriege um
       Spitzenkandidat Jürgen Trittin laut. „Die Dinosaurier müssen weg“, äußerte
       sich ein langjähriges Parteimitglied. Eine frühere Führungskraft sagte nach
       der Rede Trittins: „Ich sehe für mich keinen Grund, jetzt zu klatschen.“
       
       Die Landesvorsitzende Bettina Jarasch wirkte bei der Erklärungssuche für
       den tiefen Absturz merklich geschockt. „Dass wir unter unserem Ergebnis von
       2009 landen, damit habe ich gerechnet, vielleicht mit 15 Prozent“, sagte
       sie der taz. Genau diesen Wert hatten die Grünen in einer vor zwölf Tagen
       veröffentlichten Umfrage bekommen.
       
       Was denn in diesen zwei Wochen passiert sei, fragte Jarasch. „Im Grund doch
       nur die Debatte um Pädophilie.“ Eine weitere Erklärung sah sie darin, dass
       Rot-Grün immer unwahrscheinlicher wurde, eine große Koalition hingegen
       näher rückte und rot-grüne Wähler die SPD so stark wie möglich in ein
       Bündnis mit der CDU schicken wollten.
       
       ## Piraten unter 5 Prozent
       
       Die Berliner SPD gewann gegenüber ihrem historischen Tiefpunkt von 2009,
       als sie mit 20,2 Prozent noch hinter der Linkspartei landete, fast fünf
       Prozentpunkte hinzu – immer noch weniger als CDU mit sieben Punkten mehr.
       Die Piraten, bei der Abgeordenetenhauswahl 2011 abrupt auf fast neun
       Prozent gestiegen, blieben auch in ihrer Berliner Hochburg unter der
       Fünf-Prozent-Hürde, der magischen Grenze für einen Parlamentseinzug. Sie
       erreichten hier 3,6 Prozent, immerhin leicht mehr als bei der Bundestagwahl
       2009 mit 3,4 Prozent. Die FDP, die bei der Abgeordnetenhauswahl mit 1,8
       Prozent aus dem Parlament fiel, erhielt nun bei der Bundestagswahl in
       Berlin fast genausoviele Stimmen wie die Piraten, nämlich 3,5 Prozent.
       
       Wegen ihrer großen Gewinne steuerte die CDU berlinweit auf bis zu neun
       Bundestagsmandate zu. Deshalb kann auch Spitzenkandidatin Monika Grütters,
       in ihrem Wahlkreis Marzahn-Hellersorf chancenlos, aufatmen: Sie hatte wegen
       der zu erwartenden vielen CDU-Direktmandate befürchtet, dass ihr die
       CDU-Landesliste nicht wieder in den Bundestag helfen würde. Im Osten räumte
       die Linkspartei alle Wahlkreise ab – nicht vor SPD-Kandidaten, sondern
       stets vor CDUlern als Zweitplatzierten.
       
       22 Sep 2013
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Stefan Alberti
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA