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       # taz.de -- Verzögerung im NSU-Prozess: Anträge abgelehnt
       
       > Die Befangenheitsanträge der Verteidigung im NSU-Prozess wurden
       > abgelehnt. Die Aussage einer Nachbarin belegt Zschäpes Anwesenheit in der
       > Nähe von Tatorten.
       
   IMG Bild: Wie immer nur von hinten zu sehen: Hauptangeklagte Zschäpe mit ihren Verteidigern.
       
       MÜNCHEN dpa | Die Hauptangeklagte im NSU-Prozess, Beate Zschäpe, soll
       unmittelbar vor einem Mordanschlag in Dortmund 2006 mit ihren mutmaßlichen
       Komplizen Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt in der Stadt gesehen worden sein.
       Die Nebenklageanwältin Doris Dierbach beantragte am Donnerstag, die Zeugin
       vor dem Münchner Oberlandesgericht zu vernehmen.
       
       Die Frau habe das Trio zusammen mit einem „bulligen Skinhead“ eine Woche
       vor dem Mord an dem türkischstämmigen Kioskbesitzer Mehmet Kubasik auf
       einem Grundstück in Dortmund beobachtet. Die Aussage der Nachbarin belege
       die persönliche Anwesenheit Zschäpes in der Nähe von Tatorten, aber auch
       Verbindungen zur örtlichen Neonazi-Szene, sagte Dierbach. Mehrere
       Nebenklagevertreter schlossen sich dem Beweisantrag an.
       
       Das Münchner Oberlandesgericht hat derweil die Befangenheitsanträge der
       Verteidigung gegen alle fünf Richter abgelehnt. Der Vorsitzende des
       Staatsschutzsenats, Manfred Götzl, setzte am Donnerstag den Prozess nach
       eintägiger Unterbrechung wie geplant fort. Da sein ganzer Senat von den
       Anträgen betroffen war, mussten andere Richter darüber entscheiden. Diese
       hätten alle Ablehnungsanträge als unbegründet zurückgewiesen, teilte das
       OLG mit. Die Befangenheitsanträge waren nach einem Streit um
       Anwaltsgebühren gestellt worden.
       
       Eine Zeugin berichtete dann am Donnerstag über die Brandstiftung in der
       Wohnung der mutmaßlichen Neonazi-Terroristen des „Nationalsozialistischen
       Untergrunds“ in Zwickau. Die Hauptangeklagte Zschäpe soll nach dem
       Selbstmord ihrer mutmaßlichen Komplizen Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt das
       Feuer gelegt haben.
       
       ## Gespräche über Katzen
       
       „Wir haben gedacht, dass es eine Gasexplosion ist, weil es immer wieder
       geknallt hat“, berichtete die 75-jährige frühere Nachbarin des Trios. Wenig
       später sei Zschäpe aus dem Haus in Richtung Bushaltestelle gelaufen. „Da
       hab ich noch zum Nachbar gesagt: Na Gottseidank, der ist nichts passiert.“
       Den Namen Zschäpes und ihrer beiden Mitbewohner habe sie nicht gekannt.
       „Die Männer hab' ich so gut wie nie gesehen. Ich habe gewusst, dass sie
       dort wohnten“, sagte die Zeugin. „Einmal stand ein Wohnwagen vor dem Haus,
       da waren Fahrrädern hinten draufgeschnallt.“ Nach den Explosionen habe sie
       sich gewundert, dass die junge Frau nicht zurückkam, habe aber angenommen,
       dass sie unter Schock stand.
       
       Ihr 73 Jahre alter Mann berichtete, er sei mit Zschäpe wegen einer
       herrenlosen Katze in Kontakt gewesen. An den Kosten für einen
       Tierarztbesuch habe sie sich sofort beteiligt. Zudem habe er ihr
       gelegentlich eine Gurke aus dem Garten geschenkt. Dass sie auf seine Frage
       nach ihrer Telefonnummer sagte, sie habe diese nicht im Kopf, habe er gut
       verstanden. Man rufe sich ja auch nicht selbst an. „Wir haben ja alle an
       sowas Schlimmes nicht gedacht.“
       
       Zschäpe hörte die Aussagen ohne Regung. Zu Verhandlungsbeginn hatte sie wie
       stets den Fotografen den Rücken zugewandt.
       
       Bei dem Streit der Anwälte mit dem Gericht, der in die Befangenheitsanträge
       mündete, geht es um die Anwaltsgebühren. Zschäpe-Anwalt Wolfgang Stahl
       hatte für etwa 770 Stunden Arbeit während des Ermittlungsverfahrens einen
       Vorschuss von 77000 Euro beantragt. Das Gericht bewilligte ihm nur 5000
       Euro - laut Verteidiger zu wenig auch nur für die laufenden Kanzleikosten.
       Dies führe „zu einer wesentlichen Beschränkung und Behinderung“ der
       Verteidigung.
       
       ## Alles zurückgewiesen
       
       Zudem kritisierten die Anwälte eine Formulierung des Gerichts, das
       Verfahren sei „im Hinblick auf die tatsächlichen Probleme des Tatnachweises
       besonders schwierig“. Das sei ein Zeichen, dass die Richter in der
       Schuldfrage nicht neutral seien. Ein weiterer Befangenheitsantrag betraf
       die Aussage eines Richters, er habe den Beschluss allein verfasst - obwohl
       er auch gesagt hatte, er wolle mit seinem Senat darüber sprechen.
       
       Die an dem Verfahren unbeteiligten Richter wiesen all das zurück. Auch wenn
       der Richter mit seinen Kollegen gesprochen habe, ändere das nichts daran,
       dass er allein entscheide. Im Fall des Vorschusses habe das Gericht die
       Notwendigkeit einer angemessenen Vergütung für eine effektive Verteidigung
       anerkannt und wolle diese keinesfalls verhindern.
       
       19 Sep 2013
       
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