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       # taz.de -- Griechenland und die Bundestagswahl: Milde oder ein neues Diktat?
       
       > Viele Griechen haben sich mit einem Sieg von Angela Merkel abgefunden.
       > Verunsicherung herrscht darüber, wohin Berlins Krisenpolitik geht.
       
   IMG Bild: Nacktes Entsetzen: Ein Grieche auf dem Weg zu einer Protestaktion gegen einen Athen-Besuch von Angela Merkel im Dezember 2012.
       
       ATHEN taz | Griechische Medien bauen derzeit ihr Korrespondentennetz um.
       Vorbei sind die Zeiten, als Frankreich als „Laboratorium“ europäischer
       Politik galt. Krisenbedingt blicken die Griechen heute verstärkt nach
       Deutschland: Der Athener Nachrichtensender Skai berichtet in Zusammenarbeit
       mit der griechischen Redaktion der Deutschen Welle über die größte
       Volkswirtschaft Europas. Tageszeitungen sind meist durch freie oder
       angereiste Journalisten vertreten.
       
       Sie haben alle Hände voll zu tun. Noch nie in der Vergangenheit erschien
       eine Bundestagswahl derart spannend in griechischen Gefilden – und das
       obwohl sich viele Griechen damit abgefunden haben, dass Angela Merkel
       weiterregieren wird, mit welchen Partnern auch immer.
       
       Spannend ist für die Griechen vor allem die Frage, ob Berlin mit seiner
       Europa- und Krisenpolitik nach der Wahl Milde walten lässt. „Alle wichtigen
       Entscheidungen zur Bewältigung der Eurokrise sind auf die Zeit nach der
       Bundestagswahl verschoben worden, man macht sich nicht mal die Mühe, uns
       vom Gegenteil zu überzeugen“, klagt der Kommentator Nikos Fratzis im
       Wirtschaftsblatt Naftemporiki. Sein Protest ist vor allem an die Athener
       Regierung gerichtet. „Welches Alternativkonzept würden wir anbieten, wenn
       wir wieder an den Verhandlungstisch kommen?“, fragt er sich und gibt gleich
       die Antwort: Gar keins, die Regierung warte nur noch auf die deutschen
       Vorschläge.
       
       Für den Politikredakteur Tassos Tsakiroglou habe die Bundestagswahl eine
       geradezu metaphysische Bedeutung in Griechenland gewonnen. Die einen
       hoffen, dass die nächste Regierung die Geldschatulle aufmacht, während die
       anderen befürchten, nach der Wahl gehe es erst richtig los mit der
       Diktatpolitik gegenüber Griechenland.
       
       ## Keine andere Politik mit Peer Steinbrück
       
       Dass SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück alles anders machen würde, glauben
       nur wenige. Zumal sich viele Griechen an eine Passage aus dem
       Steinbrück-Buch „Unterm Strich“ erinnern, das in Athen Schlagzeilen machte.
       Dort erzählt Steinbrück von einem Treffen 2009 mit dem damaligen
       sozialistischen Oppositionsführer Giorgos Papandreou. Der gewann wenige
       Monate später die Parlamentswahlen und gab eine überraschende
       Bankrotterklärung Griechenlands ab mit der Begründung, er hätte keine
       Vorstellung gehabt vom Finanzchaos, das ihm die konservative
       Vorgängerregierung vererbt habe.
       
       Nach Steinbrücks Darstellung hatte Papandreou jedoch „keine Illusionen“
       hinsichtlich der Wirtschaftslage und verabschiedete sich vom SPD-Gastgeber
       mit der Bemerkung, er sei gar nicht mehr so sicher, ob er die Wahl gewinnen
       wolle.
       
       „Erwartet nicht, dass es Geld regnet, wenn die SPD gewinnt“, sagte der
       sozialistische Fraktionschef im Europaparlament, Hannes Swoboda, unlängst
       in einem Interview mit der Athener Tageszeitung Kathimerini. Und trotzdem:
       „Das Beste für Griechenland wäre eine Regierung der SPD mir den Grünen“,
       meint die auflagenstärkste Athener Wochenzeitung Proto Thema. Das Blatt
       lobt die griechenlandfreundlichen Äußerungen von Sarah Wagenknecht und
       Gregor Gysi, der als ein „Kumpel“ des linken Oppositionschefs Alexis
       Tsipras bezeichnet wird.
       
       Da Proto Thema boulevardmäßig daherkommt, beschäftigt die Redakteure auch
       die Frage, welcher deutsche Politiker sexy ist. Die Antwort: Sahra
       Wagenknecht, Katharina Nocun und Jürgen Trittin. Peinlich nur: Das
       Trittin-Kurzporträt schmückt ein Foto von Steffen Seibert.
       
       22 Sep 2013
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Jannis Papadimitriou
       
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