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       # taz.de -- US-brasilianische Beziehungen: Rousseff lässt Obama sitzen
       
       > Brasiliens Präsidentin sagt ihren USA-Besuch ab. Südamerikas
       > Führungsmacht kritisiert Wirtschaftsspionage und eine Verletzung der
       > Souveränität.
       
   IMG Bild: Ein Bild aus besseren Zeiten: Obama begrüßt Rousseff.
       
       RIO DE JANEIRO taz | Die Beziehungen zwischen Brasilien und den USA sind
       auf einem Tiefpunkt angelangt. Anlass der Verstimmung ist das Ausspionieren
       des größtes Staates Lateinamerikas durch die US-Geheimdienstbehörde NSA.
       Jetzt hat Brasiliens Präsidentin Dilma Rousseff ihren für Oktober geplanten
       Staatsbesuch in Washington verschoben.
       
       „Angesichts fehlender Aufklärung und mangels einer Zusage, das Abhören
       einzustellen“, sei ein Besuch zur vereinbarten Zeit nicht sinnvoll, sagte
       Rousseff in einer am Dienstagnachmittag veröffentlichten Erklärung. Das
       Überwachen von Gesprächen und Internet-Verbindungen sei ein „Angriff auf
       die nationale Souveränität und die individuellen Rechte, inkompatibel mit
       dem demokratischen Zusammenleben zwischen befreundeten Ländern“, so die
       Begründung.
       
       Am Vorabend hatten beide Staatsoberhäupter 20 Minuten miteinander
       telefoniert. Offenbar war es ihnen nicht gelungen, den Sachverhalt zur
       beiderseitigen Zufriedenheit zu klären. Sie hätten sich daraufhin geeinigt,
       den Besuch zu verschieben, schließt die Erklärung des brasilianischen
       Präsidialamtes. Ein neuer Termin wurde bisher nichts ins Auge gefasst.
       
       Anfang Juli hatte die Zeitung O Globo berichtet, dass auch Brasilien vom
       US-Geheimdienst überwacht worden sei. Der Bericht stützte sich auf
       Dokumente des ehemaligen Geheimdienstlers Edward Snowden, der nach seinen
       Aufsehen erregenden Enthüllungen über die NSA-Aktivitäten in Russland Asyl
       erhielt. Demzufolge unterhielt die NSA mindestens bis 2002 eine
       Schaltzentrale in der Hauptstadt Brasilia und überwachte die brasilianische
       Botschaft in Washington sowie die brasilianische UN-Mission in New York.
       
       ## Besuch nur verschoben
       
       Brasilien reagiert in scharfem Ton auf die Enthüllung, Washington wiegelte
       ab. Es handele sich lediglich um Sicherheitsvorkehrungen im
       Antiterrorkampf, beteuerte US-Botschafter Thomas Shannon. In keinem Fall
       sei innerbrasilianische Kommunikation abgehört worden.
       
       Doch wenig später veröffentlichte der Journalist Glen Greenwald, der für
       den britischen Guardian in Rio de Janeiro arbeitet, weitere
       Snowden-Dokumente, die das Gegenteil belegten: Die NSA habe auch der
       staatlichen Erdölkonzern Petrobras und die Kommunikation von Rousseff mit
       ihren engsten Mitarbeitern überwacht.
       
       Rousseff warf den USA daraufhin Wirtschaftsspionage vor und forderte
       innerhalb kurzer Frist eine lückenlose Aufklärung über die Aktivitäten des
       NSA auf brasilianischem Boden. Die Fronten sind verhärtet, auch ein
       Vieraugen-Gespräch mit Barack Obama während des G20-Gipfels in Petersburg
       brachte keine Annäherung der Standpunkte.
       
       Die Führungsmacht Südamerikas, die den USA in Wirtschaftsfragen wie auch im
       internationalen Krisenmanagement in der vergangenen zehn Jahren mehrfach
       die Stirn bot, baut nun erneut auf regionale Kooperation. Mit dem
       Nachbarland Argentinien wurde bereits vereinbart, Maßnahmen zur Sicherung
       der Cyberkommunikation zu ergreifen. Auch sollen internationale
       Internet-Firmen gezwungen werden, sich in Sachen Datenschutz den lokalen
       Gesetzen zu unterwerfen.
       
       Obama zeigte Verständnis für die Haltung Brasiliens und sprach sich dafür
       aus, möglichst bald ein neues Datum für einen Besuch zu finden. Er werde
       sich dafür einsetzten, die Missstimmung zu überwinden, so Obama in einer
       Stellungsnahme am Dienstagabend.
       
       18 Sep 2013
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Andreas Behn
       
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