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       # taz.de -- UN-Gespräche zu Syrien: Wenig Zeit für C-Waffen-Abrüstung
       
       > Der UN-Sicherheitsrat streitet über eine Gewaltandrohung in der
       > Syrien-Resolution zur Vernichtung der C-Waffen. Inspektoren sollen
       > Umsetzung sichern.
       
   IMG Bild: John Kerry (l.) versucht sich zu erinnern: Wie war doch gleich die Absprache mit Sergej Lawrow?
       
       GENF taz | Der UN-Sicherheitsrat will noch im Laufe dieser Woche den von
       Russland und den USA vereinbarten Plan zur internationalen Kontrolle und
       Vernichtung der syrischen Chemiewaffen durch eine Resolution
       völkerrechtlich verbindlich machen.
       
       Allerdings gerät dieser Zeitplan ins Wanken, weil der Westen darauf
       besteht, den Druck auf Syrien durch die Androhung von Gewalt nach Kapitel
       VII der UN-Charta zu unterstreichen, während Russland genau dies ablehnt.
       Kapitel VII regelt, dass der Sicherheitsrat Zwangsmaßnahmen gegen einen
       Staat beschließen kann.
       
       Der gemeinsame Beschluss mit den USA sehe keine solche Gewaltandrohung vor,
       sagte Russlands Außenminister Sergej Lawrow am Montag. Sein US-Kollege John
       Kerry behauptete das Gegenteil. Lawrow bezweifelte, dass der Sicherheitsrat
       bis zum Wochenende die Resolution zum Abbau chemischer Waffen in Syrien
       verabschieden werde.
       
       Mit der Umsetzung des C-Waffen-Abkommens wird die Organisation für die
       Chemiewaffen-Verbotskonvention (OPCW) in Den Haag betraut. Die OPCW
       überwacht alle 189 Vertragsstaaten der Konvention durch regelmäßige
       Inspektionen sowie unangekündigte Verdachtskontrollen. In Russland, den
       USA, Indien, Libyen, Südkorea, Albanien und anderen Ländern haben
       OPCW-ExpertInnen in den letzten 16 Jahren C-Waffen-Arsenale verifiziert,
       gesichert und vernichtet.
       
       ## 1.000 Tonnen Gift
       
       Kommt die syrische Regierung der Aufforderung nach, bis Samstag ihr
       C-Waffen-Programm vollständig offenzulegen, wird die OPCW die Entsendung
       ihrer Inspektoren und Experten nach Syrien vorbereiten. Dies gilt
       allerdings nur für den Fall, dass die syrischen Angaben über ihre C-Waffen
       nicht gravierend von den US-amerikanischen und russischen
       Geheimdiensterkenntnissen abweichen. Andernfalls dürften zumindest die USA,
       Frankreich und Großbritannien den Abrüstungsplan für gescheitert erklären.
       Dann wäre die Option von Militärschlägen gegen das Assad-Regime wieder
       aktuell.
       
       Nach den Geheimdiensterkenntnissen, die beim Genfer Treffen der
       Außenminister John Kerry und Sergej Lavrow abgeglichen wurden, existieren
       in Syrien rund 1.000 Tonnen chemischer Kampfstoffe, die an 42 bis 45 Orten
       gelagert sind. Um ein so großes und weit verteiltes C-Waffen-Arsenal zu
       inspizieren – was laut Plan „bis spätestens November“ geschehen soll –
       benötigt die OPCW zusätzliches Personal sowie Finanzmittel ihrer
       Mitgliedsstaaten.
       
       Der Zugang der OPCW-Inspektoren wird dann nach den Bestimmungen der
       C-Waffen-Verbotskonvention geregelt. Der letzte Woche erfolgte Beitritt
       Syriens zu der Konvention wird am 14. Oktober rechtskräftig. Nach diesen
       Bestimmungen muss die Regierung Assad eine ausreichende Zahl von
       Zutrittspunkten (Grenzübergänge, Flug- oder Seehäfen) für die
       OPCW-Inspektoren öffnen, so dass diese jeden zu inspizierenden
       Waffenstandort in maximal zwölf Stunden erreichen können.
       
       Diese Bedingung kann die Regierung Assad nach Ansicht der USA und Russland
       erfüllen, da sich nach ihren Geheimdiensterkenntnissen alle
       Inspektionsobjekte derzeit in von den Regierungsstreitkräften
       kontrollierten Regionen befinden. Allerdings könnte sich die Lage im
       Bürgerkrieg ändern.
       
       ## Das Problem des Transports
       
       Sollten die OPCW-Inspektoren tatsächlich an alle Zielobjekte gelangen,
       werden sie klären können, ob die Vorgabe des russisch-amerikanischen Plans
       realistisch ist, wonach „die meisten“ syrischen C-Waffen nicht vor Ort
       vernichtet, sondern ins Ausland gebracht und dort zerstört werden sollen.
       Ob das möglich ist, hängt davon ab, zu welchen Anteilen das syrische
       C-Waffen-Arsenal aus bereits hochgiftigen Giftgasen besteht oder aus noch
       nicht zusammengemischten harmloseren Grundsubstanzen.
       
       Entscheidend für die Frage der Transportfähigkeit ist auch der Zustand der
       Giftgasbehälter sowie der Munition und Trägersysteme (Artilleriegranaten,
       Raketen, Bomben), die bereits mit Giftgas befüllt wurden.
       
       Vernichtet werden Giftgase zumeist durch Verbrennung oder durch die
       Spaltung der chemischen Substanzen. Die dafür benötigen Spezialanlagen
       existieren derzeit nur in Russland und den USA. 
       
       Beide Staaten haben ihre eigene vertragliche Verpflichtung zur Vernichtung
       aller C-Waffen-Vorräte bis Ende 2012 nicht erfüllt und von der OPCW auf
       Antrag eine Fristverlängerung bis 2017 bzw. 2021 erhalten. Auch im Irak und
       in Libyen sind noch Restbestände an C-Waffen vorhanden. Von den 71.000
       Tonnen Chemiewaffen, die Vertragsstaaten der C-Waffen-Verbotskonvention
       seit 1997 gegenüber der OPCW deklariert haben, wurden bislang knapp 58.000
       Tonnen zerstört.
       
       16 Sep 2013
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Andreas Zumach
       
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