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       # taz.de -- Die Wahrheit: Irische Busabenteuer
       
       > Mit dem Bus durch Irland fahren, kann bei manchen Busfahrern am Steuer
       > zum Erlebnis der besonderen Art werden.
       
   IMG Bild: Immer wieder ein Höhepunkt unterwegs: das Picknick
       
       Früher war in Irland alles besser. Das Bier war billiger, die Sonne schien
       länger, und die Busfahrer waren Gentlemen. Noel zum Beispiel.
       Jahrzehntelang fuhr er den öffentlichen Linienbus des Unternehmens Bus
       Éireann von der westirischen Stadt Galway bis ins Dorf Doolin und zurück,
       gut anderthalb Stunden pro Strecke mit sieben Zwischenstopps. Meistens
       waren es aber mehr, denn man konnte Noel jederzeit durch Handzeichen zum
       Anhalten bewegen. Ältere Damen, die in Galway shoppen waren, fuhr er
       manchmal bis vor die Tür und trug ihnen die Einkäufe ins Haus. Nun wurde er
       pensioniert.
       
       Der neue Fahrer scheint etwas unsicher, was die Breite seines Busses
       betrifft. So benutzt er die Katzenaugen am Straßenrand als
       Orientierungshilfe und fährt konsequent drüber – tatamm, tatamm, tatamm,
       anderthalb Stunden lang. Und er achtet nicht auf seine Fahrgäste. Neulich
       stieg eine Frau nach einer Chemotherapie in Galway in seinen Bus. In
       Ballyvaughan stieg sie aus und wollte ihr Gepäck aus dem Kofferraum holen.
       Noel hatte das stets für seine Fahrgäste erledigt. Da ihr Gepäck hinter
       anderen Koffern eingeklemmt war, musste die Frau in den Kofferraum
       krabbeln. Da schlug der Busfahrer die Klappe zu und fuhr los. Erst 25
       Kilometer später, an der Endstation in Doolin, entdeckte er die verstörte
       Frau im Kofferraum. Wenigstens drückte er ihr keine Strafe wegen
       Schwarzfahren auf.
       
       Der Ruderer Karol Doherty, voriges Jahr Teilnehmer an den Paralympics in
       London, hatte eine ähnlich unbequeme Busreise, als er in Dublin in einen
       Bus nach Donegal im Nordwesten Irlands einsteigen wollte. Doherty muss seit
       einem Autounfall im Jahr 2008 einen Rollstuhl benutzen. Der Busfahrer
       weigerte sich jedoch, den elektrischen Rollstuhllift am Seiteneingang zu
       betätigen, weil er dafür nicht ausgebildet sei. So musste sich Doherty mit
       den Händen bäuchlings die Stufen hochziehen. Weil es aber den ganzen Tag
       geregnet hatte, sah seine Kleidung danach aus, als ob er in einem
       Ferkelstall übernachtet hätte. Im Gegensatz zu der Frau im Kofferraum zog
       Doherty vor Gericht. Bus Éireann wurde für die Demütigung zu einer
       Schadensersatzzahlung von 1.000 Euro verurteilt.
       
       Das ist freilich ein Klacks im Vergleich zu den zwei Millionen Euro, die
       Bus Éireann für ein kaputtes ABS-Bremssystem berappen muss. Das System
       hätte einen schweren Unfall mit Personenschaden verhindert, urteilte der
       Richter. Man überprüfe die Busse regelmäßig, beteuerte ein Sprecher des
       Unternehmens. Das ließ der Richter nicht gelten: Erstens habe sich
       herausgestellt, dass die Warnlampe für das defekte ABS am Armaturenbrett
       abmontiert war, und zweitens habe eine Überprüfung von 55 Bussen ergeben,
       dass bei 25 das ABS nicht funktionierte.
       
       Zurzeit kann sich die Kundschaft jedoch sicher fühlen, zumindest in Dublin:
       Die Busfahrer streiken gegen die Sparmaßnahmen des Unternehmens. Dafür
       nimmt die Polizei nun jede Menge Geld ein: Autofahrer, die glauben, dass
       sie in Anbetracht der fehlenden Busse die Busspuren benutzen dürfen, werden
       zur Kasse gebeten.
       
       15 Sep 2013
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Ralf Sotscheck
       
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