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       # taz.de -- Landtagswahl in Bayern: Die Pforte zum Paradies
       
       > Sie wird wohl sehr gut abschneiden, die CSU in Bayern. Warum auch nicht,
       > es gibt ja kaum Gründe, nicht für die ewige Regierungspartei zu stimmen.
       
   IMG Bild: Immer nur aufwärts. Bayern, halt.
       
       MÜNCHEN taz | Natürlich kann man die CSU aus ideologischen Gründen
       ablehnen. Ihr konservatives Traditionsbewahrertum, das so fortschritts- und
       feminismusfeindliche Subventionen wie das Betreuungsgeld hervorbringt, oder
       die Selbstgefälligkeit, mit der die Führungsriege seit Jahrzehnten ihre
       Machtpositionen dazu missbraucht, sich selbst zu bereichern.
       
       Wie wenig Unrechtsbewusstsein viele Abgeordnete im bayerischen Landtag
       haben, hat die Affäre um die Beschäftigung von Verwandten erst kürzlich
       gezeigt. Bis zu 5.000 Euro monatlich hatte der ehemalige Fraktionschef
       seiner Frau für deren Bürotätigkeiten gezahlt. Ein anderer Abgeordneter
       beschaffte sich auf Staatskosten eine Kamera im Wert von 6.000 Euro. Das
       ist an Selbstherrlichkeit kaum zu überbieten.
       
       Auch das Gerüpel aus Bayern kann einem auf die Nerven gehen, wenn es mal
       wieder darum geht, zu zeigen, wer der große Zampano ist. Dann zum Beispiel
       wenn Ministerpräsident Horst Seehofer die ebenso unsinnige wie
       europarechtlich fragwürdige PKW-Maut für Ausländer auf deutschen Straßen
       durchzusetzen sucht, oder ankündigt, gegen den Länderfinanzausgleich zu
       klagen.
       
       Schließlich kann man die viel zu rigide Selektion im bayerischen
       Schulsystem kritisieren, die Kinder aus bildungsfernen Schichten
       systematisch benachteiligt, ebenso wie die äußerst herzlose bayerische
       Asylpolitik.
       
       ## Sorgenkind mit Spitzenwerten
       
       Darüber hinaus aber, muss man anerkennen: Den etwa 12,5 Millionen Menschen
       in Bayern geht es ausgesprochen gut! Zwar gibt es regionale Unterschiede.
       Aber im Vergleich zu vielen anderen Regionen Deutschlands gibt es nirgendwo
       wirklich Grund zur Klage.
       
       Die Arbeitslosigkeit hat sich in Bayern seit 2005 mehr als halbiert und die
       Beschäftigung befindet sich auf Rekordniveau. Etwa die Hälfte aller Kreise
       und kreisfreien Städte haben mit einer Arbeitslosenquote von weniger als
       drei Prozent faktisch Vollbeschäftigung erreicht. Selbst Mittelfranken als
       „Sorgenkind“ aller weiß-blauen Regierungsbezirke liegt mit 4,8 Prozent
       Arbeitslosen klar unter dem Bundesschnitt von 6,8 Prozent.
       
       Das Durchschnittseinkommen pro Monat beträgt in Bayern netto 1523 Euro. Nur
       Baden-Württemberg mit 1542 Euro schneidet noch besser ab. Beide liegen weit
       über dem Bundesschnitt von 1413 Euro. Und die Armutsgefährdungsquote liegt
       in Bayern laut Sozialbericht bei 13,8 Prozent, dem deutschlandweit
       niedrigsten Wert. Da blieb selbst SPD-Spitzenkandidat Christian Ude im
       Wahlkampf oft nicht viel mehr übrig, als einzugestehen, dass es in Bayern
       ziemlich gut läuft. Warum es mit der SPD an der Spitze noch besser laufen
       sollte, war schwer zu vermitteln.
       
       ## Symbiose mit Bayern
       
       Horst Seehofer, dem amtierenden Ministerpräsidenten in Bayern blieb es
       deshalb überlassen, bei der Abschlusskundgebung des Wahlkampfs der CSU in
       der kleinen Olympiahalle in München die folgenden Worte zu sagen: „Die
       Pforte zum Paradies ist der Freistaat Bayern“. Keine Partei habe es wie die
       CSU geschafft, eine „Identität“ und „Symbiose“ mit Bayern herzustellen. Er
       hat Recht.
       
       Die CSU, die seit 56 Jahren ununterbrochen in Bayern regiert und im
       Gegensatz zu allen anderen Parteien niemandem über den Weißwurstäquator
       hinaus Rechenschaft ablegen muss, ist so sehr mit dem weiß-blauen Brauchtum
       und der idyllischen Voralpenlandschaft verschmolzen, mit denen sie wirbt,
       dass es schwer fällt, sich vorzustellen, dass es jemand anders besser
       machen könnte. Ob das tatsächlich stimmt oder nicht, spielt angesichts der
       ausgezeichneten wirtschaftlichen Lage längst keine Rolle mehr. Einen
       tatsächlichen Grund, woanders das Kreuz zu setzten als bei der CSU, hat die
       Mehrheit der Bayern nicht.
       
       15 Sep 2013
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Marlene Halser
       
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