# taz.de -- Dänen-Ampel bleibt bestehen: „Mehrheit ist Mehrheit“
> Schleswig-Holsteins Verfassungsgericht bestätigt die Sonderrolle des
> Südschleswigschen Wählerverbandes, rügt aber eine „Überkompensation“.
IMG Bild: Froh zieht die JU-Spitze in den Kampf gegen die Minderheitenrechte – und kassiert eine Klatsche.
Klage abgewiesen, Regierung stabil: Kurz nachdem das
Landesverfassungsgericht in Schleswig bestätigt hatte, dass der
Südschleswigsche Wählerverband (SSW) als Partei der dänischen Minderheit
zurecht von der Fünfprozentklausel befreit ist und daher seine für die
Mehrheit der Koalition aus SPD, Grünen und SSW entscheidenden Landtagssitze
behält, klangen die VertreterInnen der Regierungsfraktionen wieder
entspannt.
Die Opposition solle endlich ihre Rolle annehmen, denn Gerichte werden sie
nicht retten, sagte Ralf Stegner, SPD-Landes- und Fraktionschef, während
sich Lars Harms (SSW) in seiner Haltung bestätigt sah und Eka von Kalben
(Grüne) sich über die „überraschende Deutlichkeit“ des Richterspruchs
freute.
Dabei waren sich die PolitikerInnen, ganz gleich welcher Partei, vor dem
Urteil keineswegs sicher: Drei Monate hatten sich die sieben RichterInnen
Zeit gelassen, um über die Beschwerden zur Sitzverteilung nach der
Landtagswahl 2012 zu entscheiden. Und deutlich fiel die Entscheidung
keinesfalls aus: Drei schlugen sich mit einem Minderheitenvotum teilweise
auf die Seite der Kläger.
„Verfassungsrechtlich unhaltbar“ sei das Urteil, befand Trutz Graf
Kerssenbrock, der Prozessbevollmächtigte mehrerer Beschwerdeführer von der
Jungen Union. Zwar hielt seine Argumentation, der SSW sei gar nicht Partei
der Minderheit, nicht stand – alle sieben RichterInnen erklärten deutlich,
dass der SSW die Minderheit politisch vertrete –, in einem anderem Punkt
verloren die Kläger aber nur knapp: Es ging um die Frage, ob das Wahlrecht
einzelnen Stimmen – hier für den SSW – mehr Gewicht zumisst als anderen.
## Politisch motiviert
Ja, fanden drei RichterInnen, und sahen eine „Überkompensation“ für den
SSW. Die Frage der „Erfolgswertgleichheit“ hatte das Verfassungsgericht
2010 bewogen, die Landtagsmehrheit von CDU und FDP für verfassungswidrig zu
erklären, es folgten Neuwahlen. „Das Gericht zeigt seine
Unberechenbarkeit“, so Kerssenbrock. Das Urteil sei „politisch motiviert“.
Torge Schmidt von der Piratenpartei – die gegen die Fünfprozentklausel
insgesamt geklagt hatte – sah das anders: „Mehrheit ist Mehrheit.“
Der SSW gehört dem Landtag seit 1947 durchgehend an. Gegen seine
Sonderrolle protestierte die Junge Union schon 2005. Und für
Beschwerdeführer Kerssenbrock ist die Debatte keineswegs beendet:
Rechtsmittel gebe es zwar keine, das Urteil stehe – „aber 2017, nach der
nächsten Wahl, ist das Thema wieder da“. Jedenfalls, wenn die Stimmen des
SSW gebraucht werden.
13 Sep 2013
## AUTOREN
DIR Esther Geißlinger
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