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       # taz.de -- Präzedenzfall in Fußballstadien: Keine Polizei auf Schalke
       
       > Der Polizeieinsatz in der Schalke-Arena beim Spiel gegen Saloniki mit 80
       > Verletzten hat ein Nachspiel: Die Polizei will künftig im Stadion keine
       > Präsenz mehr zeigen.
       
   IMG Bild: Fanprotest während des Spiels Schalke gegen Bayer Leverkusen am 31. August
       
       DÜSSELDORF dpa | Der Streit um den Polizeieinsatz beim Spiel zwischen dem
       FC Schalke 04 und PAOK Saloniki hat eine neue Dimension erreicht. Die
       Polizei zieht sich bis auf weiteres aus der Schalker Fußball-Arena
       weitgehend zurück und wird die Ordnungskräfte des Bundesligisten nicht mehr
       unterstützen. Das kündigte NRW-Innenminister Ralf Jäger (SPD) am Donnerstag
       in Düsseldorf an. Die Polizei werde zwar weiterhin Straftaten verfolgen,
       hieß es. Es sei künftig aber eine Angelegenheit des Vereins, im Stadion für
       die Sicherheit zu sorgen.
       
       Jäger reagierte damit auf die Kritik von Vereinsverantwortlichen an dem
       umstrittenen Polizeieinsatz beim Playoff-Spiel in der Champions League am
       21. August gegen Saloniki. Die Polizei war eingeschritten, um eine
       Provokation von Schalker Ultras durch das Zeigen einer Flagge mit einem
       mazedonischen Symbol zu unterbinden und so Ausschreitungen griechischer
       Fans zu verhindern.
       
       Ein Ministeriumssprecher sagte der Nachrichtenagentur dpa, dass sich die
       Bereitschaftspolizei nicht nur aus dem Stadion, sondern sogar vom Gelände
       der Veltins-Arena zurückziehen werde. Im öffentlichen Raum würden die
       Beamten weiterhin zur Verfügung stehen. Das ist vor den nächsten
       Heimspielen in der Champions League gegen Steaua Bukarest am kommenden
       Mittwoch und drei Tage später in der Bundesliga gegen Bayern München
       brisant.
       
       Horst Heldt zeigte sich am Donnerstag überrascht von der neuesten
       Entwicklung. „Ich habe darüber noch keine Information. Ich kann mir das
       nicht vorstellen“, sagte Schalkes Manager zwei Tage vor der
       Bundesliga-Auswärtspartie beim FSV Mainz 05. Laut Geschäftsführer Peter
       Peters befinde man sich bereits seit dem Freitag nach dem Spiel gegen
       Saloniki in „konstruktiven Gesprächen“ mit der Gelsenkirchener Polizei.
       Clubsprecher Thomas Spiegel erläuterte, man wolle in den Gesprächen eine
       Basis finden, damit „alle Parteien wieder zusammenarbeiten können“.
       
       ## Vertrauen gestört
       
       Dies scheint angesichts sehr unterschiedlicher Auffassungen derzeit aber
       unsicherer denn je. Das Vertrauen zur Vereinsführung sei nachhaltig
       gestört, betonte Jäger. Der Verein sei nicht in der Lage gewesen, für die
       Sicherheit zu sorgen und das Hausrecht durchzusetzen.
       
       Nach dem Spiel hatte es von Schalker Seite schwere Vorwürfe gegen den
       Polizeieinsatz gegeben. Peters hatte das Vorgehen der Ordnungshüter im
       Schalker Fanblock harsch kritisiert und als „völlig unverhältnismäßig“
       bezeichnet. Laut Jäger sei diese öffentlich geäußerte Kritik ein „nicht
       tolerabler Umgang“.
       
       Die Gelsenkirchener Polizei und Polizeigewerkschaften hatten den Einsatz
       als „notwendig und rechtmäßig“ bezeichnet und ihrerseits die Äußerungen von
       Peters und Heldt angeprangert. „Zum Glück werden Rechtmäßigkeit und
       Verhältnismäßigkeit von Polizeieinsätzen nicht von Fußballfunktionären
       beurteilt“, hatte Rainer Wendt, Vorsitzender der Deutschen
       Polizeigewerkschaft, erklärt. Er unterstütze das Vorgehen von Jäger,
       ergänzte Wendt in einer ersten Reaktion am Donnerstag.
       
       Laut einem Bericht der Landesregierung waren bei dem Einsatz 80 Menschen,
       darunter auch Unbeteiligte, verletzt worden – überwiegend durch den Einsatz
       von Pfefferspray. Die Polizisten seien zuvor von Schalke-Fans massiv
       angegriffen worden, als sie in den Block eindrangen. Alle Aufforderungen,
       die Fahne zu entfernen, seien ignoriert worden.
       
       ## Mit Kanonen auf Spatzen
       
       Landtagsabgeordnete der Opposition von CDU, FDP und Piraten kritisierten
       dennoch den Einsatz der Polizei. Die gezeigte Fahne sei nicht verboten und
       es sei nicht hinnehmbar, dass die Polizei gegen die Schalker und nicht
       gegen die gewaltbereiten Fans aus Saloniki vorgegangen sei. Zudem habe es
       sich möglicherweise nicht einmal um eine gezielte Provokation gehandelt.
       Ermittlungen sind bereits eingeleitet, der Polizeieinsatz wird derzeit von
       der Essener Staatsanwaltschaft überprüft.
       
       „Da ist mit zu großen Kanonen auf zu kleine Spatzen geschossen worden“,
       sagte der CDU-Abgeordnete Lothar Hegemann. „Es muss möglich sein, eine
       nicht verbotene Fahne zu zeigen“, ergänzte der FDP-Parlamentarier Robert
       Orth.
       
       Innenminister Jäger entgegnete, der Polizeiführer habe einen Platzsturm
       griechischer Fans und einen Spielabbruch befürchtet. Es sei aus seiner
       Sicht der geringere Eingriff gewesen, die Fahne einzurollen, zumal die
       Hausordnung vorsehe, dass Provokationen gegnerischer Fans zu unterlassen
       seien.
       
       12 Sep 2013
       
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