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       # taz.de -- Kommentar Vebrauchertäuschung: Doppelt getäuscht
       
       > Kritik an Produktverpackungen ist gut und wichtig. Aber sie kratzt nur an
       > der Oberfläche. Das Problem ist tief im Recht verwurzelt.
       
   IMG Bild: Die Frage, ob drin ist, was drauf ist, bewegt die Gemüter. Das meiste aber ist erlaubt.
       
       Wieviel Verbraucherschutz muss noch sein in einem Land, das stur zugunsten
       der Lebensmittelindustrie entscheidet und sich ebenso verbissen weigert,
       sein Lebensmittelrecht zu reformieren?
       
       Nur eine Reform könnte die Schere zwischen Verbraucherwünschen und
       Konsumrealität wieder schließen. Denn es ist zwar gut, wenn die
       KonsumentInnen in Deutschland immer wieder mit der Nase auf all die
       Täuschungen gestoßen werden, denen sie in der Warenwelt alltäglich
       erliegen. Es ist auch richtig, wenn Verbraucherschützer immer wieder auf
       die Tricks des Marketing, auf unlesbare Zutatenlisten und auf Verstöße
       gegen die Regeln der Kennzeichnung hinweisen. Oft gehen die Hersteller
       einfach zu weit.
       
       Das jetzt veröffentlichte Buch der Verbraucherschutzzentralen hinterlässt
       jedoch ein schales Gefühl. Denn der Verbraucher wird auch mit der
       Entlarvung von „Lebensmittel-Lügen“ in die Irre geführt . Wenn sie ihn in
       dem falschen Glauben wiegen, dass Informiertheit ausreiche, um maßgeblichen
       Einfluss auf die Produktionsweise in der Lebensmittelindustrie zu nehmen.
       Tatsächlich passen die Hersteller bloß weiter ihre Strategien an: „Pur“,
       „Nur drei Zutaten“, „Frei von X, Y Z“, „Natürlich“ – die Evolution des
       Etikettenschwindels geht weiter.
       
       Ihr Fundament aber verändert sich nicht. Das billige Fett in der Eiscreme
       an sich, die Entensuppe ohne Ente generell, der Zusatzstoff oder
       Verdickungsmittel oder künstliche Aroma im Prinzip - das alles bleibt
       erlaubt. Das geltende Lebensmittelrecht führt für haarklein auf, was die
       Industrie zwecks Prozess- und Geschmacksoptimierung zusammenrühren und den
       Verbrauchern dann in stets neuen Verpackungen verkaufen darf.
       
       Die Verbraucherschützer finden deshalb sicher noch Material für zig weitere
       Bücher über die Verfehlungen von Big Food – bis sich Ilse Aigner und ihre
       europäischen Kollegen endlich an ihre Arbeit machen, sich auf ein neues,
       strengeres und vor allem transparenteres Lebensmittelrecht einigen und
       damit endliche eine Grundlage für die Nahrung schaffen, die von den
       Menschen wirklich gewünscht wird.
       
       11 Sep 2013
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Kathrin Zinkant
       
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