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       # taz.de -- Pro und Contra Syrien: In der Syrien-Falle
       
       > Assads Außenminister stimmt Russlands Vorschlag zur internationalen
       > Kontrolle der Chemiewaffen zu. Ist diese Entwicklung gut oder schlecht?
       
   IMG Bild: US-russische Annäherung?
       
       ## Pro: Raum für Verhandlungen
       
       Womöglich ist es der Frage eines britischen Reporters zu verdanken, dass
       endlich Bewegung in die Syrienfrage kommt. Hätte er den US-Außenminister
       John Kerry nicht danach gefragt, ob Syriens Präsident Assad noch etwas tun
       könnte, um einen US-Militärschlag zu verhindern, hätte Kerry auch nicht
       spontan so geantwortet.
       
       Dann hätte Russland den Vorschlag nicht aufgreifen und Syrien ihn nicht
       begrüßen können. Kollateralnutzen einer Pressekonferenz – das ist doch mal
       was. Neu an der Situation ist, dass die russische Regierung erstmals
       konstruktive Vorschläge macht und von ihrer Position abkommt, einfach nur
       stur die Assad-Regierung zu verteidigen. Damit sollten sich neue
       Gesprächslinien eröffnen.
       
       Neu ist auch, dass es – wenn Assad bei seiner Zusage bleibt – damit
       erstmals wirklich lösungsorientiert um die syrischen Chemiewaffen geht.
       Bislang schien alles Hin und Her über Beweise und Gegenbeweise nur ein
       Mittel zum Zweck zu sein: Wer grundsätzlich eine Intervention ablehnte,
       zweifelte an den Beweisen, wer ohnehin für ein militärisches Eingreifen
       war, hielt sie für absolut stichhaltig.
       
       Aber weder Gegner noch Befürworter einer Intervention, weder Verfechter der
       These, Syriens Militär habe Chemiewaffen eingesetzt, noch jene, die die
       Rebellen dafür verantwortlich machen, konnten darlegen, wie ihre jeweils
       präferierte Option eigentlich die Gefahr eindämmen sollte, die diese Waffen
       ohne Zweifel für die syrische Bevölkerung darstellen.
       
       Die neue Entwicklung wird dem gerecht, was die USA immer gesagt haben: Es
       gibt keine militärische Lösung für Syrien. Nein, mit der neuen Entwicklung
       ist der Krieg nicht vorbei. Aber sie eröffnet doch endlich Möglichkeiten,
       alle Seiten und insbesondere Russland konstruktiv in eine Lösungssuche
       einzubeziehen. Das ist mehr, als noch vor drei Tagen denkbar schien. BERND
       PICKERT 
       
       ## Contra: Das Töten geht weiter
       
       Die Annäherung zwischen den USA und Russland wird das Assad-Regime nicht
       vom Morden abhalten. Anders als viele Schlagzeilen jetzt vermuten lassen,
       war und ist das vorrangige Problem in Syrien ja nicht, dass 1.400 Menschen
       in einer Nacht mit Giftgas ermordet wurden. Sondern dass seit zweieinhalb
       Jahren konventionelle, also international akzeptierte Waffen gegen
       SyrerInnen eingesetzt werden, und zwar täglich. 1.400 Giftgastote sind
       „nur“ die Spitze des Eisbergs. Die aber wird nun zum alleinigen Problem der
       internationalen Gemeinschaft stilisiert.
       
       Entsprechend haben die Bilder von den äußerlich unversehrten Toten auch
       kaum zu mehr Aufmerksamkeit für die Situation in Syrien geführt.
       Stattdessen diskutierte die Welt leidenschaftlich, in welches Dilemma Obama
       sich verstrickt hat. Die USA gefährden ihren Status als letzte im 21.
       Jahrhundert verbliebene Weltmacht! Jetzt heiße es aufpassen, ansonsten
       fänden die Staaten sich hopplahopp auf der gleichen Stufe mit Russland und
       China wieder.
       
       Die Gefahr scheint nun gebannt, Baschar al-Assad hat offiziell zugestimmt,
       sein Chemiewaffenarsenal unter internationale Kontrolle zu stellen. Viele
       neue Verhandlungsrunden stehen damit ins Haus.
       
       Unterdessen können Assads Armee und die sie unterstützenden Milizen das
       Prinzip der verbrannten Erde weiterverfolgen. Vielleicht sogar noch
       ungestörter als bisher, denn sein offizielles Entgegenkommen erlaubt Assad,
       wieder als international anerkannter Gesprächspartner aufzutreten. Und so
       schnell dürften Obama oder gar die zahnlose EU keine neue diplomatische
       Offensive starten. Dafür war die jüngste viel zu riskant.
       
       Syrische AktivistInnen fassen die Situation auf Facebook so zusammen: „Der
       Westen mag keine äußerlich unversehrten Giftgasleichen, er will Blut
       sehen.“ Die Chancen dafür stehen gut. INES KAPPERT
       
       10 Sep 2013
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Ines Kappert
   DIR Bernd Pickert
       
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