URI: 
       # taz.de -- Rückkauf der Energienetze: Keine Katze im Sack kaufen
       
       > Grüne werfen dem Senat vor, er habe die Netzgesellschaften nicht genügend
       > geprüft, bevor er sich einkaufte. Die Finanzbehörde nennt den Vorwurf
       > haltlos.
       
   IMG Bild: Ramsch gekauft? Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) und Vattenfalls Generalbevollmächtigter Pieter Wasmuth (r.) jedenfalls sind zufrieden.
       
       Die Grünen unterstellen dem SPD-Senat, er habe sich von Vattenfall und Eon
       Hanse über den Tisch ziehen lassen. Als er mit den Energiekonzernen über
       den Rückkauf von 25,1 Prozent der Energienetze verhandelte, habe er sich
       internen Unterlagen zufolge mit unbrauchbaren Informationen abspeisen
       lassen. Fraktionschef Jens Kerstan fordert deshalb „eine sofortige
       Offenlegung der Angaben zur Überprüfung durch externe Experten“.
       
       Über eine Klage der Volksinitiative für einen Netzrückkauf auf
       Akteneinsicht will das Verwaltungsgericht noch in dieser Woche entscheiden.
       Die Finanzbehörde wies die Vorwürfe unter Verweis auf
       Bürgerschaftsdokumente zurück.
       
       Kerstan stützt sich mit seiner Kritik auf den Spiegel. Das
       Nachrichtenmagazin zitiert Vermerke, in denen sich Behördenmitarbeiter
       unzufrieden mit den vorgelegten Unterlagen äußern: „Anlagenzustand lässt
       sich aus vorhandenem Material schwer ableiten“, heiße es darin über die
       Akten zum Fernwärmenetz. Es fehlten Angaben zu Investitionen und
       Instandhaltung. Die Informationen seien „schwer, kaum oder gar nicht
       verwertbar“. Zur Prüfung hätten bloß 28 Aktenordner vorgelegen, schreibt
       der Spiegel. Üblich sei bei Geschäften dieser Größenordnung das Zehnfache
       und mehr.
       
       „Das ist frei erfunden“, sagt Finanzbehörden-Sprecher Daniel Stricker. Der
       Vergleich sei willkürlich. Und die zitierten Vermerke bezögen sich auf
       einen Zwischenstand im Prüfungsverfahren. Der Spiegel habe diesen
       herausgegriffen und behaupte, daraus den Endstand der Prüfungen herleiten
       zu können. Das erwecke einen falschen Eindruck.
       
       Tatsächlich hat der Senat in mehreren Antworten an die Bürgerschaft
       ausgeführt, wie der Wert und die rechtliche Konstruktion der
       25,1-Prozent-Beteiligung geprüft wurden. Demnach legten die Unternehmen
       insgesamt rund 1.000 Dokumente vor: Zertifikate, Gutachten, Revisionspläne.
       Vier Mitarbeiter von Behörden und der städtischen Vermögensholding HGV
       sowie 16 externe Berater von der Anwaltskanzlei Allen&Overy LLP, der
       Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Pricewaterhouse-Coopers und der Commerzbank
       beschäftigten sich damit – in der Summe 249 Arbeitstage lang. Immer wieder
       hätten die Prüfer weitere Unterlagen gefordert, die von den Firmen
       nachgereicht worden seien.
       
       Behördensprecher Stricker weist darauf hin, dass der Senat frühzeitig alle
       Verträge und wesentlichen Gutachten zum Netzkauf im Internet veröffentlicht
       habe. Darüber hinaus hätten die Bürgerschaftsabgeordneten die
       Bewertungsgutachten einsehen könnten. „Dieses musste vertraulich erfolgen,
       weil die Bewertungsunterlagen sensible Betriebs und Geschäftsgeheimnisse
       der Unternehmen Eon und Vattenfall beinhalten“, sagt er.
       
       Den Grünen reicht das nicht. Sie wollen, dass ein von ihnen beauftragter
       Energierechtsexperte Akteneinsicht erhält. „Bisher wird dem Mitarbeiter aus
       fadenscheinigen Gründen der Zutritt zum Datenraum verweigert“, kritisieren
       sie.
       
       Auch den Antrag der Volksinitiative „Unser Hamburg – unser Netz“ auf
       Akteneinsicht hat die Finanzbehörde abgelehnt. Die maßgeblichen
       Informationen habe der Senat bereits umfänglich veröffentlicht. Beim Rest
       überwiege das Geheimhaltungsinteresse der Unternehmen das
       Informationsinteresse der Initiative. Bis Ende der Woche will das
       Verwaltungsgericht mitteilen, ob es das genauso sieht.
       
       9 Sep 2013
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Gernot Knödler
       
       ## TAGS
       
   DIR Hamburg
   DIR Hamburg
   DIR Vattenfall
   DIR Hamburg
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR Rückkauf des Privatisierten: Das große Wir-Gefühl
       
       Am 22. 9. entscheiden die HamburgerInnen auch über den Rückkauf der
       Energienetze: Damit erreicht der Trend zur Rekommunalisierung einen neuen
       Höhepunkt.
       
   DIR Kungeln mit Konzernen: Unheilige Energie-Allianz
       
       Der Ökostromanbieter Lichtblick wirft dem Hamburger Senat eine Bevorzugung
       der Großkonzerne Vattenfall und Eon vor. Außerdem gibt es Streit über die
       Höhe der Konzessionsabgabe.
       
   DIR Verdacht auf Vermischung: Ermittlungen gegen Vattenfall
       
       Vor dem Volksentscheid zum Rückkauf der Energienetze soll der Konzern die
       Werbung seiner Stromvertriebs und seiner Netzgesellschaft nicht sauber
       getrennt haben.
       
   DIR Debatte über Netzrückkauf: Wahrheit und Erpressung
       
       Kaufe die Stadt die Versorgungsnetze, rücke die Konzession für ihren
       Betrieb in weite Ferne, sagt der Bürgermeister. Die Grünen-Fraktion wittert
       Panikmache.
       
   DIR Volksentscheid Netzrückkauf: Im Netz des Strommultis
       
       Nach dem Volksentscheid über den Netzrückkauf ist vor der
       Konzessions-Vergabe: Wie Vattenfall eine Abstimmungsniederlage in einen
       Sieg ummünzen will.
       
   DIR Volksentscheid Energienetze: Kein Geld und flauer Magen
       
       Senat und SPD wollen keinen Euro für den Rückkauf der Versorgungsnetze für
       Strom, Gas und Fernwärme ausgeben. Kampagnen pro und contra Rückkauf
       laufen.