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       # taz.de -- Olympische Entscheidungen: Geduldspiel vor dem Finale
       
       > Tokio, Istanbul und Madrid hoffen auf die Ausrichtung der Spiele 2020.
       > Die Ringer schwitzen um ihren Status – und Thomas Bach blickt dem
       > IOC-Chefposten entgegen.
       
   IMG Bild: Alle geben nochmal alles: Roboter Mirata wirbt in Buenos Aires für Tokio.
       
       BUENOS AIRES dpa | Thomas Bach kann das Ziel seiner langen Reise kaum
       erwarten. Die Vergabe der Olympischen Spiele 2020 und der Tag der Wahrheit
       für die Ringer sind für ihn bestenfalls das Vorprogramm für die
       IOC-Präsidentenwahl am Dienstag.
       
       „Ein weiser Freund von mir im IOC hat mir geraten, konzentriere Dich ganz
       auf Deine eigene Kandidatur“, sagt der IOC-Kronprinz am Freitag in Buenos
       Aires der Nachrichtenagentur dpa. „Aber man sollte die anderen beiden
       Entscheidungen nicht vergessen. Auch sie haben große Auswirkungen für die
       Zukunft.“
       
       Am Samstag entscheidet die 125. IOC-Vollversammlung den Dreikampf zwischen
       Tokio, Madrid und Istanbul um den Milliardenpreis 2020, einen Tag später
       den Verdrängungswettbewerb um den letzten freien Platz im olympischen
       Programm für die Spiele in sieben Jahren. Ringen geht im Duell mit
       Baseball/Softball und Squash als klarer Favorit in die Abstimmung.
       
       Bach ist in dem hermetisch abgeriegelten IOC-Hotel ein begehrter
       Gesprächspartner. Der 59 Jahre alte Jurist aus Tauberbischofsheim kann dem
       Small Talk und Dauer-Händeschütteln kaum entfliehen, selbst wenn ihm
       manchmal danach ist. Bloß nicht die Contenance verlieren.
       
       „Es wird jetzt Zeit, dass der Wahlkampf zu Ende geht. Ich habe lange genug
       trainiert, genügend Testwettkämpfe absolviert und will nun die
       Entscheidung“, gibt Bach immerhin zu. Der nervenaufreibende
       Bewerbungsmarathon hat viel Kraft gekostet. Überall lauern Fallen – im
       Endkampf um das wichtigste Amt im Weltsport können selbst kleine Fehler
       große Wirkung haben.
       
       ## Bach weist Spekulationen zurück
       
       Vor der feierlichen Eröffnung der Session im Teatro Colón weist der
       fränkische Strippenzieher Spekulationen zurück, bei seinem möglichen
       Aufstieg zum Ober-Olympier Kollegen für ihre Unterstützung im Wahlkampf zu
       belohnen: „Es gibt keine Wahlversprechen. Das bezieht sich auf Sachthemen,
       aber auch auf Personen.“
       
       Einige Medien monieren zudem, er habe kritische Fragen zu seiner
       Vergangenheit von seinem Anwalt Christian Schertz abwehren lassen. „Ich bin
       immer offen für sachliche und konstruktive Kritik, aber alles hat seine
       Grenzen“, sagt Bach. „Wenn es klar unter die Gürtellinie geht, finde ich es
       legitim, sich zu wehren. Alles muss man sich nicht gefallen lassen.“
       
       ## Probleme der Olympia-Kandidaten
       
       Fragen zu der Risiko-Wahl des Olympia-Gastgebers in sieben Jahren sind ihm
       viel lieber. Alle drei Städte haben massive Probleme. Das Internationale
       Olympische Komitee (IOC) steht vor der Frage, welches Risiko am geringsten
       erscheint. [1][Team Tokio] versucht seit Tagen verzweifelt, [2][die
       verschärften Probleme in der Atomruine Fukushima] zu verharmlosen –
       vergeblich. Hochverstrahltes Wasser aus undichten Kühlwassertanks sickert
       in den Pazifik, auf dem Gelände werden teils tödliche Strahlenwerte
       gemessen.
       
       [3][Madrid findet keine überzeugenden Argumente] gegen die spanische
       Wirtschaftskrise und eine Arbeitslosenquote von 26,3 Prozent. Und
       [4][Istanbuls Olympia-Träume] werden vom Bürgerkrieg im benachbarten Syrien
       und von inneren Unruhen belastet.
       
       Ein Sieg des türkischen Außenseiters bei seinem fünften Anlauf würde das
       Ringe-Spektakel erstmals in die muslimische Welt bringen. Tokio oder Madrid
       wären ein Votum für politische Sicherheit – die beiden Metropolen haben
       sich mit ihren Kompaktkonzepten einen deutlichen Vorsprung
       herausgearbeitet.
       
       ## Die Wahl als Qual
       
       Es seien keine Risiko-Spiele, so IOC-Chef Jacques Rogge, in sieben Jahren
       könne viel passieren, aber tatsächlich ist die Wahl für viele Olympier
       diesmal eine Qual. „Wo sollen wir denn hingehen? Keine der Bewerbungen ist
       ohne Risiko“, fragt IOC-Spitzenfunktionär Richard Pound stellvertretend für
       viele seiner Kollegen.
       
       Die drei angekündigten Premierminister, Shinzo Abe aus Japan, sein
       spanischer Kollege Mariano Rajoy und der türkische Premier Recep Tayyip
       Erdogan, müssen sich auf unangenehme Themen einstellen. Es käme sehr darauf
       an, wie die Kandidaten ihre Herausforderungen adressieren und welche
       Lösungen sie anbieten würden, so Bach im ARD-Hörfunk. „Ich beneide keinen
       der Drei.“
       
       ## Entscheidung fürs Ringen
       
       Auch die Ringer haben einen harten Weg vor – und hinter sich. Bedroht vom
       Olympia-Aus und dem Absturz in die Bedeutungslosigkeit, hat sich der
       Traditionssport in Rekordtempo neu erfinden müssen. Unter der kompetenten
       Führung des neuen Weltverbandspräsidenten Nenad Lalovic (Serbien) haben die
       Mattenkämpfer die geforderten Reformmaßnahmen durchgesetzt.
       
       Nur sieben Monate nach der heftig kritisierten Empfehlung der
       IOC-Exekutive, Ringen von 2020 an den Olympia-Status abzuerkennen, glauben
       inzwischen selbst IOC-Granden an eine Revision des eigenen Fehlurteils. „Es
       war solch ein Fehler, er muss einfach korrigiert werden“, fordert
       IOC-Präsidentschaftskandidat Denis Oswald (Schweiz).
       
       Bei einem Sieg der Ringer würde sich allerdings Rogges groß angekündigte
       Reformpolitik auf die Aufnahme von Golf und Rugby bei den Spielen 2016
       beschränken. Der Nachfolger des gesundheitlich sichtlich angeschlagenen
       Belgiers hat allein mit der Modernisierung des Premium-Produkts Olympia auf
       jeden Fall richtig viel zu tun.
       
       Bach scheut sich nicht vor harter Arbeit. Der Präsident des Deutschen
       Olympischen Sportbundes (DOSB) hat sich eine solide Führung vor seinen
       Hauptrivalen Richard Carrion (Puerto Rico) und Ng Ser Miang (Singapur)
       herausgearbeitet. Das restliche Kandidaten-Trio, Sergej Bubka, Oswald und
       Wu Ching-Kuo (Taiwan) besetzen die Rollen als chancenlose Mitstreiter.
       
       7 Sep 2013
       
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