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       # taz.de -- Kommentar Merkel versus SPD: Tief gekränkt
       
       > Die SPD empört sich lautstark über die Kritik der Kanzlerin an ihrer
       > Europapolitik. Das klingt überdimensioniert. Doch Merkels Vorwurf ist
       > doppelt perfide.
       
   IMG Bild: Manno! Immer muss sie das letzte Wort haben
       
       Die Empörung führender Sozialdemokraten über die Einlassung der Kanzlerin,
       die SPD sei europapolitisch unzuverlässig, wirkt seltsam überdosiert.
       Sigmar Gabriel und Peer Steinbrück wüten seit Tagen wie zwei Kleinkinder,
       denen man die Lollis weggenommen hat, obwohl das Kanzleramt längst
       klarstellte, Merkels Kritik beziehe sich nur auf Eurobonds. Offenbar geht
       es hier um eine tiefere Kränkung der Sozialdemokratie und nicht
       ausschließlich um taktisch motiviertes Beleidigtsein.
       
       Die rationalen Motive von Gabriel und Steinbrück sind schnell erklärt. Sie
       nutzen die Gelegenheit, die Kanzlerin, die sie sonst mit Nichtbeachtung
       straft, bei einem ihrer seltenen Fehltritte vorzuführen. Sie wollen den
       Schwung aus dem TV-Duell mitnehmen und den eigenen Laden mobilisieren.
       Nichts schließt die eigenen Reihen zuverlässiger als scharfe Angriffe von
       außen. Merkel hat den beiden Sozialdemokraten also einfach eine tolle
       Vorlage gegeben.
       
       Jenseits dessen ist jedoch ein Gutteil der Empörung echt. In Merkels Kritik
       steckt nämlich eine doppelte Perfidie. Sie ist nicht nur deshalb unfair,
       weil SPD und Grüne bekanntlich allen Rettungsinstrumenten zugestimmt und
       damit Merkels eigene wacklige Mehrheit stabilisiert haben. Sondern auch,
       weil Merkel oft Vorhaben verspätet ins Parlament einbrachte, die die
       Opposition aus SPD und Grünen viel früher vorschlugen. Merkel kupferte also
       ab, ließ sich gern die Mehrheit retten und deutete beides nun um. Das zeugt
       in der Tat von Chuzpe.
       
       Es gibt einen weiteren Grund für die Wut der SPDler. Für Europa zu sein,
       für einen offenen, stabilen und demokratischen Staatenbund, das ist in
       Deutschland inzwischen ein politischer Grundton. Und wer abseits steht, ist
       verdächtig. Europa nicht zu schützen, das ist in etwa das, was in den 60ern
       Landesverrat war. Ein Vorwurf, den gestandene Sozialdemokraten noch gut von
       der alten CDU kennen. Auch deshalb haben sie Merkels Kritik wohl als
       inakzeptables Foulspiel verstanden.
       
       Und insgeheim ahnen Gabriel und Steinbrück vielleicht auch, dass ihnen
       etwas mehr Differenz in der Eurokrise gutgetan hätte. Einem brutalen
       Sparpaket wie dem Fiskalpakt zustimmen und gleichzeitig
       Jugendarbeitslosigkeit beklagen, das passt einfach schlecht zusammen.
       
       6 Sep 2013
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Ulrich Schulte
       
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